Synapsen – ein Wissenschaftspodcast Zusammenfassung
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Der Synapsen – ein Wissenschaftspodcast Podcast
Der Podcast "Synapsen – ein Wissenschaftspodcast" öffnet eine faszinierende Tür zur Welt der Wissenschaft, jenseits der üblichen Schlagzeilen. Die Hörer werden auf eine Entdeckungsreise mitgenommen, die sowohl informativ als auch unterhaltsam ist. In diesem einzigartigen Format liefern die Hosts Maja Bahtijarević und Lucie Kluth spannende Einblicke in aktuelle Forschungsthemen und komplexe wissenschaftliche Fragestellungen, die unsere moderne Welt bewegen.
Alle zwei Wochen laden die beiden Hosts erfahrene Journalist*innen ein, die aus erster Hand über ihre Recherchen zu den brennendsten wissenschaftlichen Themen berichten. Ob es um die langfristigen Auswirkungen von Long Covid auf Kinder geht oder die Frage, ob veganes Essen einen signifikanten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten kann – "Synapsen" bietet fundierte Antworten und interessante Perspektiven. Die Hosts sprechen mit führenden Klimaforschern und anderen Experten, um ein tiefes Verständnis für aktuelle wissenschaftliche Diskussionen zu vermitteln.
In den Wochen dazwischen präsentieren Maja und Lucie einen mitreißenden Science Slam, bei dem Wissenschaftler*innen ihre Forschung auf unterhaltsame und prägnante Weise in nur 15 Minuten vorstellen. Diese unterhaltsamen und lehrreichen Beiträge machen komplexe wissenschaftliche Themen für jeden verständlich und bieten eine perfekte Mischung aus Wissen und Unterhaltung.
"Synapsen – ein Wissenschaftspodcast" ist der ideale Begleiter für alle, die neugierig auf die Welt der Wissenschaft sind und mehr über die Zusammenhänge in unserer Gesellschaft erfahren möchten. Tauchen Sie ein in die Welt der Forschung und lassen Sie sich von den Geschichten und Erkenntnissen inspirieren, die unser tägliches Leben bereichern und prägen.
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(113) Die Jugend von heute #1: Immer gewalttätiger? Gar nicht wahr!
Veröffentlicht am: 22.11.2024
Zusammenfassung lesenWenn Erwachsene auf junge Menschen blicken, sehen sie oft vor allem Defizite: Jugendliche lesen weniger als früher, sie wollen kaum noch arbeiten, und gewalttätiger sind sie auch. Dabei beruhen viele dieser Vorurteile auf falschen oder willkürlichen Annahmen. Der Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald beschäftigt sich schon lange mit der Lebenswirklichkeit von Kindern und hat für diese Doppelfolge Fachleute aus Jugendpsychologie und Pädagogik befragt - eine Recherche mit vielen Aha-Effekten...
Wenn Erwachsene auf junge Menschen blicken, sehen sie oft vor allem Defizite: Jugendliche lesen weniger als früher, sie wollen kaum noch arbeiten, und gewalttätiger sind sie auch. Dabei beruhen viele dieser Vorurteile auf falschen oder willkürlichen Annahmen. Der Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald beschäftigt sich schon lange mit der Lebenswirklichkeit von Kindern und hat für diese Doppelfolge Fachleute aus Jugendpsychologie und Pädagogik befragt - eine Recherche mit vielen Aha-Effekten. Im Gespräch mit Host Maja Bahtijarević erklärt er, was der "Kids These Days"-Effekt ist und warum "Generation Z" wissenschaftlich betrachtet eigentlich nicht mehr ist als ein Sternzeichen. Anhand von zwei verschiedenen Aspekten geht er der Frage nach, was wir eigentlich tatsächlich über die Jugend von heute wissen. Das ist Teil eins der Folge: Hier analysiert Bent Freiwald Statistiken zur Jugendkriminalität und zeigt, dass fast alle Schlagzeilen einen Trend zeigen, den es so gar nicht gibt. Denn: Viele Zahlen werden falsch interpretiert oder zu wenig im Kontext betrachtet. HINTERGRUNDINFORMATIONEN Soziologe Martin Schröder über das Missverständnis rund um den Generationeneffekt: https://www.martin-schroeder.de/2023/07/17/warum-es-keine-generationen-gibt/ Studie von John Protzko und Jonathan Schooler zum "Kids these days-Effekt" | https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.aav5916 Polizeiliche Kriminalstatistiken für die Bundesrepublik Deutschland | https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/pks_node.html Dunkelfeldstudie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen | https://kfn.de/blog/2023/12/ergebnisse-des-niedersachsensurveys-2022-veroeffentlicht/ Artikel von rbb24 zu Messerangriffen in Berlin | https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2024/09/berlin-messer-angriffe-verletzte-polizei-neukoelln-charlottenburg.html Berliner Monitoring Gewaltdelinquenz | https://camino-werkstatt.de/downloads/Berliner-Monitoring-Gewaltdelinquenz-2023-Zusammenfassung.pdf Lehrer*innenbefragung der DGUV zu Gewalt an Schulen | https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/5000 Anfrage der Hamburger CDU zu Gewalt an Schulen und Antwort des Senats | https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/ Datenanalyse zu den Unterschieden bei der Nationalitäten-Nennung in Pressemitteilungen der Polizei | https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/polizeimeldungen-grosse-unterschiede-bei-nationalitaeten-nennung,SOSxxFa Analyse zu Trends in der Berichterstattung zur PKS | https://mediendiskurs.online/data/hefte/ausgabe/106/hestermann_trends_tv_berichterstattung_md106.pdf Kriminologische Untersuchung von Dirk Baier und Dominic Kudlacek zu Gewalt und ethnisch-kulturellem Hintergrund | https://www.kriminologie.de/index.php/krimoj/article/view/6/4 Newsletter von Bent Freiwald, "The kids are alright" | https://krautreporter.de/29358-bent-freiwald
ARD Süddeutsche Zeitung Generation Z Sind sie faul? Welt Generation Z faul, desorientiert, Smartphone süchtig. Vier Hauptgründe, warum die Gewalt unter Kindern immer mehr eskaliert. Zeit online warum die psychische Krise der Jugendlichen so bedrohlich ist. Wenn man diese Schlagzeilen so hört, kann man eigentlich nur zu einem Schlussmen der Jugend geht es schlecht. Enorm schlecht. Und uns gleich mit ihr synapsenps, ein Wissenschafts Poddcast von NDR Info. Kinder und Jugendliche von heute sindminelle. Ihre Psyche leidet immer mehr. Und diese jungen Leute sind sowieso irgendwie so ganz anders als die Generation vor ihnen. So das gängige Narrativ. Hm, ja, wirklich? Sind sie das? Dazu gibt es viel zu besprechen, denn unserem Kollektiven die Jugend von heute Gefühl hat die Wissenschaft sehr spannende Erkenntnisse entgegenzusetzen. Deswegen sortieren wir mal und gucken, was wir tatsächlich über unsere Kinder und Jugendlichen wissen. Wir schauen uns an, an welchen Vorurteilen was dran ist und wo wir uns wirklich ernsthaft Gedanken machen müssen. Mein Name ist Mayja Bachtjararevicz, schön, dass ihr wieder dabei seid bei Synapsen. Diesen Podcast gibt es alle zwei Wochen, immer freitags. Und vielleicht habt ihr es direkt gesehen, dieses Mal gibt es eine Doppelfolge für euch. Das Thema Kinder und Jugendliche ist uns so wichtig, dass wir uns in zwei großen Blöcken damit beschäftigen wollen. Auch Teil zwei findet ihr jetzt schon in der ARD Audiothek und überall sonst, wo ihr eure Podcasts hört. Mir gegenüber sitzt heute der Bildungsjournalist Bent Freiald. Moin Bent. Moin Meier. Ben, du schreibst seit einigen Jahren bei dem unabhängigen Online Magazin Crowut Reporter. Ein Newsletter der heiß the kids are allriight. Ist das so? Sind die Kids all Right? Naja, also je nachdem, welchen Aspekt man sich anguckt. Ich habe die Newsletter auch eigentlich gar nicht so genannt, weil ich glaube, dass alle Kinder immer al rigght sind. Mir geht es eher darum, dass unser Blick auf die Kinder verzerrt ist. Also es wird ja oft suggeriert, dass die Kinder von heute im Vergleich zu früher ganz anders seien, hast du ja eben schon gesagt. Und dass sie gewalttätiger se, dass sie faul sind, nicht arbeiten wollen. Und nach mittlerweile vielen Jahren, die ich als Bildungsjournalist darüber schreibe und mich mit Kindern und Jugendlichen beschäftige, muss ich auch einfach sagen, nee, so einfach ist es nicht. Also das meiste davon stimmt nicht. Und so anders als früher sind Kinder heute auch gar nicht. Und was stattdessen stimmt, die Gesellschaft und mit ihr auch die Kinder, die haben sich halt verändert. Und das hat Folgen. Dazu mal eine Frage an was sind denn die ersten Sachen, die dir direkt in den Kopf kommen, wenn es um die Jugend von heute geht, was Würdest du sagen, ist die Generation heute anders als früher? Ich darf mich da ehrlicherweise gar nicht von frei machen von irgendeinem. Die Jugend von. Also die jungen Leute, die. Ich stotter ein bisschen, weil ich habe tatsächlich schon mal, glaube ich, gesagt, dass sie irgendwie die Welt nicht mehr so ernst nehmen, wie wir das damals getan haben. Wäre ja gar nicht so schlecht vielleicht. Ja, genau. Aber so nach dem Motto, die wissen ja gar nicht richtig, worum es geht, die haben halt nur irgendwie Spaß im Kopf. Würdest du sagen, du glaubst an Generation? Habe ich auch schon öfter gesagt, die Generation von. Und wurde häufig auch damit konfrontiert mit die Generation, was soll das denn sein? Aber tatsächlich, glaube ich, bin ich da auch geht das vielleicht auch so hier und da in die Richtung. Das ist spannend, weil Hannes Zacher, der ist Arbeitspsychologe an der Uni in Leipzig und seiner Meinung nach sind Generationen eher wie Sternzeichen. Also es gibt sie tatsächlich nur, sagt er, weil wir daran glauben. Und wenn man die Ansichten von Menschen verschiedener Geburtjahrgänge vergleichen und dann auf Unterschiede untersuchen möchte, dann sind sehr, sehr komplexe Studien nötig, meistens über längere Zeit. Und das hat halt kaum jemand gemacht. Wissenschaftlich gesehen kann man also die Existenz von Generationen eigentlich nur nachweisen, wenn man die Einstellungen eines Menschen eindeutig mit seinem Geburtsjahr erkennen kann oder erklären kann. Und das wäre dann der sogenannte Generationeneffekt. Über den geht es eigentlich immer, wenn wir über die Genseis und so weiter reden. Und ein Beispiel dafür, das wären z.B. menschen, die irgendwie in den ER Jahren oder in den frühen ER geboren wurden und die sind halt mit dem Internet aufgewachsen und mit Technologie und so weiter. Und für die, da gibt es so eine Art digitale Selbstverständlichkeit, für die ist das ganz normal, das gehört zum Leben dazu. Und eher ältere Menschen, für die, die sind eher selten damit so vertraut wie die jüngeren Menschen. Und da kann man wirklich sagen, das ist eine Sache, die Technologie, dieses Technologieverständnis, diese Selbstverständlichkeit, da kann man sagen, das trifft auf die junge Generation zu, während sie auf alte Generationen vielleicht nicht zutrifft. Verstanden? Ja, das Problem ist nur, dass der Generationeneffekt ganz oft verwechselt wird mit anderen Effekten. Ein Beispiel ist z.B. der Alterseffekt. Und das ist so, dass man sagt, dass beispielsweise Jährige anders über Arbeitdenken als Jährige, aber es sagt noch nichts über Generationen aus, sondern nur über alt und jung. Deswegen kann man über Generationen nur was aussagen, wenn man die Einstellung von Menschen vergleicht, als sie gleich alt waren. Es kann ja sein, dass die Jährigen von heute, die man befragt, wenn sie 40 sind, auch wieder eine ganz andere Einstellung z.b. zur Arbeit und so weiter hätten. Und dann gibt es noch den Periodeneffekt, der wird auch oft verwechselt mit dem Generationeneffekt. Und der sagt, wer später geboren wurde, der wurde im Schnitt auch später nach seiner Meinung gefragt. Das heißt, wir alle denken heute anders als früher, aber nicht nur die jungen Leute, sondern die Gesellschaft an sich. Und das sagt erstmal nichts über Generation aus, sondern es ist vielmehr so ein Effekt des Zeitgeistes, der trifft alle gleichermaßen, weil es ja gesellschaftliche Entwicklung gibt, unabhängig davon, wann man geboren wurde und zu welcher Generation man dann gehört. Bei Studien, die Alter und Zeitgeist herausrechnen, also diese beiden Effekte herausrechnen, da bleiben statistisch gesehen kaum Unterschiede zwischen Menschen verschiedener Geburten ja ##än bestehen. Das heißt, auch wegen dieser methodischen Schwierigkeiten ist es eigentlich komplett unwissenschaftlich, willkürlich Altersgrenzen zu setzen. Naja, also überhaupt die Diversität in einer Alterskohorte ist eigentlich viel zu groß, um davon auf einzelne Menschen oder übergeordnete Werte einer ganzen Generation schließen zu können. Und trotzdem tun wir genau das. Mittlerweile gibt es sogar Forschung dazu, warum wir eigentlich als Erwachsene, also du und ich z.b. so verzerrt auf junge Menschen blicken. Vor ein paar Jahren habe ich eine Studie gefunden, die ich jetzt immer überall, wenn das Thema die Jugend von heute auftaucht, zitiere, mitbringe und habt ihr diese Studie schon mal gehört? Und die haben einen Effekt gefunden, der hat einen ganz guten Namen, der heißt nämlich der Kids the stays Effekt. Kids th Stays. Ein schöner Name, besser geht es wohl nicht. Und tatsächlich sagt dieser Effekt auch das aus, wie er klingt. Also was sie versucht haben, das waren zwei Autoren, John Protzco und Johnnesson, scho sch heißen die. Und die sagen, die Verunglimpfung der heutigen Jugend, die beruht vor allem auf mehreren verschiedenen kognitiven Fehlern. Und dafür haben sich die Wissenschaftler drei Vorurteile gegenüber Jugendlichen genauer angeschaut. Das erste Jugendliche sind respektlos gegenüber Älteren. Das Zweite ist, Jugendliche sind weniger intelligent als früher. Und das dritte ist, Jugendliche lesen heute weniger als früher. Aber das sind ja eigentlich die Klassiker. Genau. Und die wollten wissen, wer glaubt das eigentlich und warum glauben die das? Protsco und Schoola, die haben dann nicht eine Studie gemacht, sondern gleich fünf. Und in der ersten fanden sie heraus, dass die befragten Erwachsenen tatsächlich mehrheitlich der Meinung waren, die Kinder von heute, die hätten weniger Respekt vor den älteren als früher. Und dann haben sie einen Zusammenhang gefunden. Je wichtiger den erwachsenen Respekt war, desto eher glaubten sie, dass die Kinder heute keine Respekt mehr vor den Älteren haben. In der zweiten Studie haben sie dann das Vorurteil Unterucht, Jugendliche seien heute weniger intelligent als früher. Und diese Annahme war unter den Teilnehmer in nicht ganz so verbreitet. Genauso viele Befragten glaubten, dass sich die Intelligenz gar nicht verändert hat. Auch wenn das Vorurteil nicht so sehr verbreitet war, wie die Annahme, dass die Jugend respektloser war, besteht wieder ein Zusammenhang. Je intelligenter die Befragten, desto eher glaubten sie, dass die Kinder heute weniger intelligent sind als früher. Okay, und ich kann mir schon vorstellen, was das Ergebnis von Studie drei ist. Ja, müssen wir gar nicht lange ausschweifen. Je belesener die Befragten waren, desto eher glaubten sie, die Kinder von heute, die lesen alle nicht mehr. Aber gibt es denn einen Zusammenhang zwischen der Lebenseinstellung der Befragten und den Vorurteilen? Also bezogen auf die politische Einstellung z.b. tatsächlich nicht. Also das haben sie auch untersucht in der Studie. Und konservative, das wird man ja vielleicht so denken, konservative blicken eher negativ auf die Jugend. Die blicken in dieser Hinsicht nicht besonders auffällig negativ auf die Jugend. Das konnten sie nicht irgendwie finden, diesen Zusammenhang. Und falls dir das nicht reicht, man kann praktisch jedes Vorurteil, das es über die sogenannte Gen Z gibt, nehmen und mit etwas Recherchezeit findet man raus, das ist wirklich nur ein Vorurteil. Also z.b. sie seien arbeitsscheu, gleichzeitig überaus anspruchsvoll, alle wollen die vier Tage Woche. Und bei Fokus, bei Welt und so weiter, da gibt es ständig Interviews mit Chefs und Chefinnen, die sich über die Arbeitsmoral von der Gen sie auslassen. Obwohl die vier Tage pro Jahr mittlerweile durchaus sehr ernsthaft öffentlich diskutiert wird. Genau, wird sie auch. Aber auch nicht nur von den Jugendlichen oder von jungen Menschen, sondern von der ganzen Gesellschaft sozusagen. Was ich interessant in dem Zusammenhang finde, ist die Shell Studie. Die Shell Studie, das ist eine Jugendstudie und die wird seit 1953 gemacht, also schon ziemlich lange. Und seitdem analysieren Forscher innen alle fünf Jahre, welche Einstellung Jugendliche und die jungen Erwachsenen in Deutschland z.b. zu Politik, Gesellschaft, Zeitgeist, Beruf, Familie, Freizeit und so weiter haben. Also die großen Themen quasi. Das heißt, man wird hier ziemlich gut sehen, wenn es wirklich Generationenunterschiede gibt. Also wenn bestimmte Einstellungen im Laufe der Jahre sich immer weiter verändern. Aber auch hier muss man natürlich aufpassen vor dem Periodeneffekt. Also wie schon gesagt, wir alle denken heute anders als früher. Also der Periodeneffekt. Das heißt, die sogenannten neuen jungen Leute werden bezogen auf das Weltgeschehen bzw. Den Zeitgeist später befragt. Also können die Antworten ja nur anders ausfallen, weil die Welt sich ja schon weitergedreht hat, seitdem unsere Eltern jung waren. Also oder genau wir. Genau das. Dieses Jahr 2024, da gab es eine neue Ausgabe von der Shell Studie. Da waren fünf Jahre wieder rum und dafür wurden wieder junge Menschen zwischen 12 und 25 gefragt. Auch wieder zum Themenfeld Beruf. Und von einer generellen Arbeitsunlust, wie man sie jetzt ja erwarten würde, wenn man die ganzen Schlagzeilen sieht. Oder nach einem Wunsch nach World Life Balance mit ganz viel Life und nur ein ganz bisschen Work. Da ist wenig zu spüren, schreiben die Autoren. Den Ergebnissen zufolge sind etwa 2/3 von ihnen bereit, viel zu arbeiten, wenn sie dadurch mehr Geld verdienen können. Also eigentlich ganz normal. Die große Mehrheit strebt ein erfüllendes Berufsleben an, das ihnen Anerkennungen verschafft. Und jeweils mehr als 80 % halten Fleiß und Ehrgeiz allgemein für wichtige Tugenden. Aber das ist ja nicht so viel anders als ihre Großelterngeneration, oder? Genau das. In diesen Bereichen unterscheiden sich die Werte kaum von den von früheren Generationen. Okay, das habe ich verstanden. Eine Generation von Menschen als eine Gruppe zu verstehen, die weitestgehend homogen ist und mehr als nur das Geburtsjahr gemeinsam hat, ist wissenschaftlich gesehen nicht tragbar. Und die Jugend von heute, was sie alles so unvernünftiges macht und vernünftiges sein lässt, auch da ist klar geword es gibt keinen signifikanten Unterschied im Vergleich zu der Jugend von gestern. Aber wir könnenst so wie sich die Welt weiter gedreht hat, haben sich die Bedürfnisse auch von jungen Menschen verändert. Lass uns doch mal inhaltlich weiter gucken. Okay, Zeit für ein paar neue Schlagzeilen. Bereit? Na klar. Deutschland. Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik werden Kinder und Jugendliche in Deutschland immer gewalttätiger. Gewalt an Schulen hat zugenommen. Berliner Morgenpost Polizei Jugendgewalt in Berlin auf neuem Höchststand. Ich habe da auch noch direkt Bilder im Kopf von Silvester 2022 in Berlin. Da haben Jugendliche mit Raketen und Böllern auf Rettungswagen geschossen. Und damals gab es ja richtig viele Festnahmen. Stimmt es denn? Werden Kinder immer gewalttätiger? Also die kurze Antwort in einem einzigen Nein. Nein, rennen sie nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn man mal etwas rauszoomt und sich die letzten 20 Jahre anschaut. Kinder und Jugendliche sind heute seltener kriminell, als sie es noch vor 20 Jahren, also Anfang der Nullerjahre waren. Dazu gibt es ja Statistiken. Z.B. kommt einmal im Jahr die polizeiliche Kriminalitätsstatistik heraus. Und da gibt es dann aber auch immer wieder Schlagzeilen wie die, die wir eben gerade gehört haben. Wie kann das denn sein? Stimmt das alles gar nicht? Naja, also die Schlagzeilen, die man da so kennt, die sind mindestens stark verkürzt. Also wenn man es wohlwollend betrachten möchte. Teilweise sind sie aber auch einfach nur falsch. Wir können ja mal anfangen mit der PKS, also die polizeiliche Kriminalitätsstatistik. Da gibt die Polizei an, wie viele Tatverdächtige plus Mittäter, Anstifter und Gehilfen sie im vergangenen Jahr hatten. In verschiedenen Bereichen, also sortiert nach Altersgruppen, aber auch nach der Art der Delikte. Das sind z.B. gewalttaten wie Mord oder Totschlag, Diebstahl, Betrug, Beleidigungen, aber auch politische Straftaten. Die PKS ist eine sogenannte Ausgangsstatistik. Das bedeutet, dass in ear nur die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie endbearbeiteten Straftaten geführt werden. Das klingt kompliziert, aber es bedeutet einfach nur, was die Polizei nicht weiß, taucht da auch eben nicht auf. In im Jahr 2001 gab es knapp über tatverdächtige Kinder unter 14 Jahren. Die Zahl ist dann immer weiter gesunken bis 2013 auf ca. Okay, also innerhalb von 12 Jahren auf weniger als die Hälfte. Genau. Danach gab es wieder einen kleinen Anstieg auf rund im Jahr 2016. Und dann ging es wieder runter auf ungefähr im Jahr 2000. Achtzehnte im letzten Jahr, also 2023, da waren wir wieder bei ungefähr. Aber Moment, das heißt, erst gab es einen soliden Positiv Trend, also immer weniger tatverdächtige Kinder, aber dann ging es innerhalb von nur fünf Jahren wieder fast um die Hälfte rauf. Genau, da können wir vielleicht gleich nochmal drüber sprechen. Aber lass uns hier erst mal festhalten, und das ist wichtig, wenn man sich eine Kurve vorstellt, wo die Anzahl der tatverdächtigen Kinder abgebildet ist über die letzten 20 Jahre, dann fällt und fällt und fällt diese Kurve wellenartig immer weiter. Also über einen ziemlich langen Zeitraum, bis es schließlich ab 2022, also nach Corona, wieder eine Welle gibt. Die steigt aber eben erst seitdem. Der langfristige Trend. Im Vergleich ist er erst mal viel deutlicher. Es geht runter mit den Zahlen. Okay, aber das sind jetzt absolute Zahlen, dass es heute deutlich weniger tatverdächtige Kinder gibt als noch vor 20 Jahren. Das kann ja auch daran liegen, dass es heute einfach grundsätzlich weniger Kinder gibt. In Deutschland kann es total und leider gibt die PKS da auch nicht an, was die Anteile sind. Aber man kann sich das ausrechnen. Also 2001 z.B. da gab es wie eben gesagt Tatverdächtige und da gab es so roundabout 12 Millionen Kinder. Und wenn man sich das ausrechnet, dann sind das 1,22 % der Kinder, die tatverdächtig waren. Und letztes Jahr, 2023, da gab es wie gesagt ungefähr tatverdächtige Kinder von 11,2 Millionen Kindern. Das heißt, es gab auch weniger Kinder letztes Jahr in Deutschland. Und wenn man sich da den Anteil ausrechnet, sind das ungefähr 0,93 %. Das heißt, auch der Anteil der Kinder, die tatverdächtig sind, ist heute also geringer als noch vor 20 Jahren, wenn auch nur etwas geringer. Und das, obwohl es zuletzt in den letzten Jahren wieder einen Anstieg gab. Und der wurde ja medial auch sehr, sehr breit getreten. Dieser tatsächliche langfristige Abstieg der Zahlen, der ist sogar altersgruppenspezifisch. Das heißt, wenn man sich andere Altersgruppen anguckt, dann hat man da keinen Abstieg. Man kann das mal machen, z.b. mit den Daten von den Menschen ü in Deutschland. Davon gibt es ja mittlerweile mehr als damals. Das heißt, man kann mal so gucken, 2014, da gab es 22,2 Millionen Menschen, die über 60 waren in Deutschland. Und 2023, also letztes Jahr, da gab es schon über 25 Millionen Menschen in Deutschland, die über 60 waren. Und wenn man sich da die Zahlen anguckt, dann ist es so, dass der Anteil der tatverdächtigen Ü tatsächlich größer geworden ist. Also da war 2014 noch 0,71 % und letztes Jahr 0,75. %. Das heißt, da gibt es gar keinen langfristigen Abstieg. Den gibt es vor allen Dingen bei der Altersgruppe U. Okay, das heißt, eigentlich müssten wir sagen, Deutschlands Rentner werden immer krimineller. Genau, genau das. Also Obacht vor herumscheunenden Rentnerganggs in der Innenstadt. Großen Bogen um die laufen alle unvernünftig. Alle unvernünftig und gefährlich. Genau. Also der langfristige rückläufige Trend bei Kindern, der ist übrigens unabhängig davon, ob man sich das Hellfeld oder das Dunkelfeld anguckt. Und das ist ein wichtiger Punkt. Erklär noch mal bitte ganz kurz, wo liegt da der Unterschied Hellfeld und Dunkelfeld? Wir fangen mal mit den Hellfeld Daten an. Das ist quasi all das, was die Polizei weiß. In der Regel, weil es z.b. polizeilich erfasst wird, wird irgendwas bekannt. Also es muss nicht zur Anzeige kommen, aber die Polizei merktgendwie, da war was. Und je schwerer die Delikte sind, desto höher ist auch das Hellfeld. Also das heißt, ein Mordversuch, der entgeht der Polizei ja in der Regel nicht. Das bekommt man schon mit Körperverletzung auf dem Schulhof z.b. oder auch familiäre Gewalt, die findet ja in den eigenen vier Wänden statt. Die entgeht der Polizei schon eher, läuft dann eher unterm Radar. Genau das die wenigsten Vorfälle im Bereich der Familiärenealt werden tatsächlich in der PKS abgebildet. Okay, das heißt, wir können auch sagen, die PKS, also diese polizeiliche Kriminalitätsstatistik, die hat auch Schwächen. Also die erfasst nicht alles total. Also einerseits erfasst i die nicht alles, in anderen Bereichen erfasst die zu viel. Die PKS macht Angaben über Tatverdächtige und nicht über Straftäter. Das ist also eher eine Arbeitsstatistik der Polizei als eine Kriminalitätsstatistik. TPKS zeigt auch nur Ausschnitte. Also was die Polizei nicht mitbekommt, das haben wir ja gerade gesagt, taucht dort auch nicht auf. Und die Zahlen der PKS, die sind auch manipulierbar. Also je nachdem, wo die Polizei ihre Schwerpunkte setzt und was sie wie intensiv verfolgt, können die Zahlen sich ändern. Ja, da fällt mir das Problem bei der Interpretation von Zahlen zu Migration und Kriminalität auf. Z.B. also Personen, die allein aufgrund ihres physischen Erscheinungsbildes als, ich sage mal in Anführungsstrichen, ausländisch wahrgenommen werden, werden z.B. tendenziell häufiger von der Polizei kontrolliert. Genau. Und unter anderem deshalb ist es so wichtig, dass wir Dunkelfeldstudien haben. Dafür gehen Wissenschaftler innen raus, quasi in die Gesellschaft, direkt ins Feld, auf die Straße, in die Familien. Und da befragen sie dann Menschen, um herauszufinden, wie hoch ist denn der Anteil der Gewalt, die nicht sichtbar wird, die nicht offiziell von der Polizei erfasst wird. Man kann davon ausgehen, verlässliche Zahlen zu bekommen bei diesen Dunkelfeldstudien, weil wenn man da von einem Wissenschaftler oder einer Wissenschaftlerin interviewt wird, gibt es eigentlich keinen Grund, diese Person anzulügen. Es gibt ja keine Konsequenz davon, wenn man sagt, da und da war ich mal stra ja, das habe ich mich gerade gefragt. Also wie verlässlich diese Zeit. Aber ja, du hast recht, genauo eigentlich hätte es keine Folgen, wenn die sagen, ja, ich habe das und das gemacht. Das wichtige Straftaten werden insgesamt immer häufiger angezeigt. Also das Hellfeld nähert sich dem Dunkelfeld immer mehr an. Und die Dunkelfeldstudien zeigen aber trotzdem einen viel, viel langsameren Anstieg der Zahlen bei der Jugend und bei der Kinderkriminalität, als es z.B. die Daten der PKS machen. Okay, aber es gibt einen Anstieg. Ja, es gibt einen, der ist nicht langfristig, aber zumindest in den vergangenen Jahren. Und da ist die Frage, woran liegt das eigentlich? Das hattest du eben ja auch schon angesprochen. Es wurde ja immer wieder von einem Corona Nachholeffekt geredet. Genau. Und der Effekt, der beruht mit Sicherheit nicht darauf, dass die Kinder irgendwie was nachgeholt haben, was sie während der Corona Pandemie nicht machen konnten. Aber Kinder, die in ihrer Entwicklung Probleme haben, die haben halt während der Pandemie kaum Hilfe bekommen. Also notwendige Prävention z.B. oder so Hilfen in der Jugendhilfe bei Auffälligkeiten, die wurden nicht entsprechend eingeleitet und deshalb gibt es eben jetzt einen erhöhten Bedarf und deshalb sieht man das auch in den Statistiken. Außerdem, und das hat mich besonders überrascht, gibt es einen Treiber der Statistik, den ich überhaupt nicht auf der Rechnung hatte. Das habe ich gelernt, als ich mit Meno Baumann gesprochen habe. Meno Baumann, der ist Professor für Intensivpädagogik, er ist Sonderpädagoge und er ist Experte für Jugendhilfe, Jugendkriminalität und Gewalt. Der wesentliche Anstieg der Kriminalität im Jugendalter geht auf die Delikte Besitz und Verbreitung von kinderpornografische Material zurück. Und das ist ein Delikt, was erst seit 2021 überhaupt eine Gesetzesgrundlage hat und wo unsere Polizei erst seit wenigen Jahren die Datenschutz und die technischen Möglichkeiten hat, ist zu verfolgen. Das heißt Abbildungen. Erstmal, ich brauche Internetplattformen und Chatgruppen, in denen ich es teilen kann. Zweitens, sobald ich etwas in eine Chatgruppe stelle, ist es ein Tatverdacht, wie viele Lehrkräfte mittlerweile als Tatverdächtige geführt werden. Die werden nicht verurteilt, aber sie sind tatverdächtig, weil sie mit ihren Schülern im Chatgruppen haben und die setzen da Mist rein und sofort alle Mitglieder der Gruppe tatverdächtig. So und da ist es einfach wesentlich die Gesetzesänderung, wenn man sich das anguckt, das war auch vor ein paar Monaten in Social Media große Diskussion, Anstieg der Sexualdelikte geht zu 100 % auf diesen Tabestand zurück. Zu 100. %. Okay, aber also das ergibt ziemlich viel Sinn, wenn ich das jetzt so jemanden konkret sagen höre, aber auf dem Schirm hatte ich das auch nicht. Aber das heißt ja üset, das ist quasi ein Artefakt in der Statistik. Also wir müssen uns jetzt nicht Sorgen machen, weil Jugendliche in beunruhigender Zahl wirklich mit Sexualdelikten auffallen, be bhungs mit dem ernstzunehmenden Konsum von Bildern, die Minderjährige pornografisch abbilden. Ne, also das müssen wir uns nicht. Das zeigt aber wirklich ganz gut, finde ich, wenn sich die Gesetzeslage ändert, dann hat das eben Einfluss auf die PKs und das war da eben der Fall. Also wir müssen uns die Entwicklung von Straftaten bei Kindern und Jugendlichen ganz genau angucken, gerade auch die letzten Jahre, was da los ist. Aber einmal im Jahr die PKs zu nehmen und dann spektakuläre Headlines zu formulieren, das ist zwar einfach, das wird aber finde ich der Sache überhaupt nicht gerecht. Wir können uns dafür mal ein Beispiel angucken. Auf rbb 24 z.B. da wurde über Straftaten berichtet, in denen ein Messer benutzt wurde. Die berühmte sogenannte Messerkriminalität. Genau die. Und da da ging es nicht um die PKs, sondern um Daten, die die Polizei Berlin gesondert an die Presse herausgegeben hat. Und neben Statistiken über Erwachsene wird auch über die von Kindern und Jugendlichen geschrieben. Die Gesamtzahl aller Verdächtigen von Taten mit Messern stieg in Berlin seit 2020 deutlich an. Von Hu acht 40 auf fünf und sich im vergangenen Jahr. Der größte Teil davon waren Männer im Erwachsenenalter. Aber auch die Zahl der mit Messerstraftaten in Verbindung gebrachten tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen unter 14 Jahren stieg von 52 im Jahr 2020 auf 142 im vergangenen Jahr an. Das klingt übel. Ja, also man sieht, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 2020. Mehr als 600 Taten mit Messern kame in Berlin 2023 insgesamt dazu. Und für unser Thema ist ja besonders interessant, die Zahl der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen unter 14 Jahren hat sich fast verdreifacht. Also von 52 im Jahr 2020 auf 142 im vergangenen Jahr. Aber Moment mal, 2020, da war doch irgendwas, etwas, was wir alle irgendwie aus unserem Gedächtnis löschen wollen. Ja, irgendwas mit niemand darf das Haus verlassen, vielt LOC down. Ja, irgendwie sowas. Also. Genau. Und das zeigt, das Jahr 2020 als vergleichswert zu nehmen und zu sagen, dieses Jahr oder letztes Jahr waren die Zahlen viel höher als 2020. Das ist ja, muss ich jetzt so deutlich sagen, komplett sinnlos. Total unseriös eigentlich auch. Aber dann müsste man eben einfach den langfristigen Trend heranziehen, wie bei den anderen Zahlen doch auch. Stimmt, müsste man. Aber das Problem ist, so richtig gute Daten gibt es dazu gar nicht. Also sinnvoll wäre ja der Vergleich mit früheren Jahren, aber die Taten mit Messern, die werden halt seit 2020 überhaupt erst erhoben. Also gute Aussagen darüber, ob die Messergewalt jetzt total zugenommen hat oder nicht, die kann man erst in einigen Jahren treffen. Okay, aber Lass uns doch gern Berlin mal als Beispiel angucken. Vor zwei Jahren nach Silvester, da gab es dort ja einen Gipfel zur Jugendkriminalität. Genau. Und vor allem Politiker der Union waren das damals, die von gewaltbereiten Integrationsverweiger angesprochen haben. Also die berliner CDU, die wollte ja sogar in einem Fragenkatalog für den Innenausschuss damals die Vornamen der mutmaßlichen Täter mit deutscher Staatsbürgerschaft wissen. Mittlerweile ist bekannt 2/3 von den acht und dreiig Tatverdächtigen, die Einsatzkräfte mit Böllern angegriffen haben sollen, das waren Deutsche, viele sehr jung. Und da sagt Menno Baumann was sehr aufschlussreiches. Wenn man nach Berlin guckt, Berlin hat eine der besten Monitoring Systeme für Gewalt überhaupt. Die geben jährlich einen Bericht raus, wo man vielfältige Zahlen kriegt. Da kann man z.B. auch nachgucken, welche Stadtteile sind besonders von Jugendgewalt belastet. Und interessant ist, auf Platz eins im letzten Jahr stand der östliche Teil der Gropius Stat, das ist Süd von Neukölln, das ist eine Hochhaussiedlung. Und auf Platz zwei stand Marzahn Hellersdorf Nord. Marzahn Hellersdorf ist im drei Jahre Schnitt und im fünf Jahre Schnitt mit einigem Abstand ganz, ganz oben. Wer sich in Berlin auskennt, der ahnt vielleicht schon, was jetzt kommt. Das könnte manche ziemlich verblüffen. Pass auf. Das ist übrigens der Stadtteil mit der zweitniedriigsten Migrationsquote in ganz Berlin. Und die stehen ganz oben in der Gewaltstatistik. Schau an. Also komplett konträr zu dem, was eigentlich so durch die öffentliche Debatte wabert. Und es geht noch weiter. Nicht unter den 25 top Quarieren, gewaltbeastet sind Neukölln Nord, sprich Sonnenallee, Rollberg, Kiezreuter Kiez ist nicht dabei. Unter den Top 25. Nicht unter den Top 25 ist in Kreuzberg die Luisenstadt Nord, da gehört der grörlitzer Park dazu. Nicht unter den Top 25 ist Berlin Wedding. Und das ist dann schon spannend, dass diese klassischen Kieze, von denen es immer heißt, dort ist es so extrem und Jugendgewalt und Clans und sowas alles, tauchen in dieser Statistik nicht ganz oben auf. Aber sie geben die schöneren Bilder, weil wenn man graue Betonklötze fotografiert, dann müsste man sich fragen, ist in unserer Gesellschaft nicht in Ordnung. Aber eine Einkaufsstraße, wo die Läden ihren Namen auf arabischen Schriftzeichen dran haben, das sind tolle Fotos. Und von daher muss man schon sagen, unsere Berichterstattung und die Realität hängen da nicht zusammen. Berlin hat in beiden teilen Probleme mit Strassengewaltsch im internationalen Vergleich für die Größe der Stadt. Vergleicht man Berlin mit Paris oder mit London, muss man sagen, nein, Berlin hat keine Probleme. Also nochmal in aller Deutlichkeit für alle nicht Berliner, Die Viertel, die er aufzählt unter den nicht 25 top problemen Gewaltvierteln, das sind alles Viertel, die klassischerweise als Stadtviertel mit einer sehr hohen Migrationsquote gelten. Über was für Straftaten reden wir hier eigentlich, wenn wir von Straftaten von Kindern und Jugendlichen sprechen? Also insgesamt treten Kinder und Jugendliche in allen Bereichen der Gewalt auf, mit Ausnahme, dass wir sie sehr selten z.B. im Terrorismus sehen oder auch bei staatlicher Gewalt, da kommen die eigentlich nicht vor. Das liegt in der Logik der Sache. Bei den Delikten, die junge Menschen typischerweise begehen, das handelt sich vor allen Dingen um leichte Delikte, also z.B. ladendiebstahl. Aber wir sehen Kinder und Jugendliche auch im Bereich der Straßenkriminalität und dort vor allem im Bereich der Gruppenkriminalität. Das meiste sind einfache Körperverletzungen, schwere Körperverletzungen sind eher selten. Und die Fälle, wo es wirklich zu schweren Straftaten kommt, die sind wirklich selten. Seitdem wir die Kriminalitätszahlen erfassen, sind Kinder und Jugendliche immer auch im Bereich der Tötungsdelikte dabei. Das sind aber wirklich so Einzelfälle im niedrigen ein bis zweistelligen Bereich. Und es gab zwar krasse Fälle in den letzten ein, zwei Jahren, die dann auch wirklich Schlagzeilen gemacht haben, aber die Zahlen an sich, die sind nicht gestiegen. Das hat Menno Baumann mir nochmal bestätigt. Okay, das heißt, der qualitative Eindruck, der sich medial vermittelt, der macht was mit unserer Wahrnehmung. Aber es gibt da ja auch noch einen anderen Aspekt, denn es wird ja auch vermehrt über Gewalt gegen Lehrkräfte berichtet. Was ist da denn dran? Ja, da weiß man in Deutschland erstaunlich wenig drüber. Also in Großbritannien, da gibt es z.b. studien, die zeigen, dass die Gewalt gegen Lehrkräfte tatsächlich zugenommen hat. Das kann man so vergleichen mit dem Rettungswesen oder der Feuerwehr, da sind die Zahlen nämlich ebenfalls gestiegen. Also das, das ist sozusagen berufsbezogene Gewalt. Men ob Baumann hat mir aber erklärt, dass er diesen Anstieg durchaus logisch findet. Er sagt, wir haben uns als Erwachsene in den letzten 20 Jahren mit unseren Kindern und Jugendlichen in ein neues Verhältnis gesetzt. Also die Beziehung hat sich verändert. Die Idee, dass Männer, Frauen und Kinder gewaltfrei zusammenleben können, die ist kulturhistorisch relativ jung. Und je demokratischer wir uns mit unseren Kindern in Beziehung setzen, desto mehr ist natürlich auch klar, dass die Gewalt nicht automatisch vor Erwachsenen halt macht. Das heißt, die Gewalt, die es in früheren Zeiten gegenüber Kindern und Jugendlichen gab, die zieht sich jetzt halt in die Erwachsenenwelt hinein. Wenn ich überlege, wie vielen Kindern und Jugendlichen in den ER ERn und auch den Nullerjahren noch durch massivste Gewalterfahrungen, die von Erwachsenen einfach nicht gesehen wurden, das Leben zur Hölle gemacht wurde, dann würde ich sagen, heute ist der Prozess sichtbarer. Also wir greifen schneller ein, wir thematisieren das und das ist eben der Preis. Wir kriegen es mehr ab. Ja, verstehe. Und natürlich ist es auch eine grundlegend gesellschaftliche Frage, wie wir das wahrnehmen, weil viele empfinden Gewalt von Jüngeren gegen Erwachsene als besonders bestürzend, weil wir es irgendwie gewohnt sind, von jüngeren Respekt einzufordern. Und umgekehrt haben wir die Respektfrage aber jahrzehntelang nie gestellt. Und Gewalt gegen Kinder, die war, um es jetzt mal überspitzt zu sagen, normal oder wurde zumindest oft genug stillschweigend geduldet. Total also das muss man sich mal vorstellen. In Deutschland ist es erst seit dem Jahr 2000 verboten, Kinder körperlich zu bestrafen. Kann man sich gar nichtstellen, beispielsweise durch Schläge zu erziehen. Aber all das heißt natürlich nicht, dass wir uns nicht damit auseinandersetzen müssen, wenn Kinder und Jugendliche gegenüber Erwachsenen gewalttätig werden. Insgesamt kommt es in Schulen aber zu weniger Gewalttaten. Erinnerst du dich an die WDR Schlagzeile von eben immer mehr Gewalt an Schulen? Und das widerspricht ja ganz klar dem, was du recherchiert hast. Genau. Also ich würde das derzeit nicht so zusammenfassen und in eine Schlagzeile packen. Es gibt Meldedaten der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung und wenn Schüler innen verletzt werden, z.B. aufgrund von gewalttätigen Mitschüler innen, dann fließt das in diese Zahlen mit ein. Also die bekommen eigentlich ganz gut mit, was passiert auf den deutschen Schulhfen. Aber du sagtest doch vorhin, dass Gewalt auf dem Schulhof vielleicht eher so ein bisschen unterm Radar läuft. Genau, bei der PKS ist das tatsächlich der Fall. Also nehmen wir mal ein ein Junge schubst ein Mädchen, das Mädchen fällt hin und verletzt sich am arm. Dann taucht das zwar bei der gesetzlichen Unfallversicherung auf, also das Mädchen geht zwar vielleicht zum Arzt und lässt sich krankschreiben, aber das heißt nicht, dass die Polizei unbedingt involviert sein muss. Also in der Wissenschaft spricht man übrigens von Raufunfällen. Das sagt vielleicht schon ganz gut, nur weil man sich rauft, heißt das nicht, dass die Polizei involviert sein muss. Und wenn man sich diese Daten jetzt anguckt, dann stieg die Zahl der gewaltbedingten Schülerunfälle im vergangenen Jahr an, also 2023, und zwar um rund Fälle. Damit lag sie allerdings immer noch unter dem Wert vor der Pandemie. Also 2000 neunzehnte mehr Gewalt im Vergleich zum letzten Jahr auf den Schulhöfen. Ja, stimmt. Mehr Gewalt insgesamt immer mehr Gewalt. Das stimmt nicht. Aber wie kommt denn dann so eine Schlagzeile vom WDR zustande? Also dass die Headline beim WDR einfach das Gegenteil behauptet als die Daten, die ich jetzt gerade genannt habe. Das lag daran, dass Lehrkräfte einen anderen Eindruck haben. Die deutsche gesetzliche Unfallversicherung, die hat nämlich eine Befragung gemacht und darüber hat die dpa berichtet, also die deutsche Presseagentur. Und dort hieß es, 44 % der befragten Lehrerinnen und Lehrer, die sähen eine Zunahme von körperlicher Gewalt unter den Schülerinnen und Schülern. Okay, aber das ist ja erst mal nur ein Eindruck. Und was mir dann noch sofort auffällt, ist, bei 44, %, dem stehen ja immerhin noch 56 % gegenüber, die das nicht so sehen. Genau. Also ist nicht mal die Hälfte glaubt, dass es jetzt mehr Gewalt gibt auf den Schulhöfen als vor der Pandemie. Die anderen 56 %, die sagen entweder, dass sie keine Veränderungen bemerkt haben oder dass es sogar weniger geworden ist. Und die tatsächlichen Zahlen, die fasst der Hauptgeschäftsführer der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung, Stefan Hussi, heißt er so. Trotz der aktuellen Einschätzung der Lehrerinnen und Lehrer ist der langjährige Trend rückläufiger Unfallzahlen durch Gewalt ungebrochen. Soweit ich weiß, war es auch in Hamburg lange so, dass die Zahlen zu Gewalt an Schulen sich vor allem auf Einschätzungen der Lehrkräfte stützten. Und das hat man aber vor ungefähr 10 Jahren dann geändert und erf fat die Zahlen nun differenzierter. Auch weil diese Eindrücke, so hieß es zumindest, nicht immer so ganz zu den Erkenntnissen der Polizeipastten. Und trotzdem kursierte gerade kürzlich erst eine Meldung, in der es hieß, Gewalt an Hamburgs Schulen nimmt wieder zu. Und diese Meldung ist wirklich super interessant. Da muss man sich angucken, wo kommt die eigentlich her? Die basiert nämlich auf einer Anfrage der CDU in Hamburg. Und das ist wichtig, die CDU in Hamburg, die ist Oppositionspartei. Eigentlich ist das ein ganz gutes Beispiel für Misskommunikation. Die Zahlen gehen nämlich ziemlich durcheinander, auch in den Medien. In der Antwort vom Senat heißt es, erst 2023 gab es 252 schwere Fälle in hamburger Schulen und weiter unten im Dokument, da waren es auf einmal 200 Neunzehnte. Und die Medien haben diese Zahlen aufgegriffen und der CDU Chef Dennis Thehring, der sprach von einer dramatischen Entwicklung. Es sei erschreckend und es spreche für die Verrohung der Gesellschaft. Und dann habe ich mir die Zahlen mal genauer angeguckt und die Zahlen sind 2000 22023 gab es 201 Fälle und 2023 24 219 Fälle. Also 18 Unterschied. 18 Fälle mehr. 18 Fälle mehr als im Vorjahr. Also ist das jetzt so dramatisch, wie er sagt, auf wie viele Kinder denn gesehen? Wie viele Kinder sind denn in hamburger Schulen über Schülerinnen und Schüler in hamburger Schulen und 18 Fälle mehr im vergangenen Jahr. Also das sind die Zahlen. Vielleicht sind das aber auch normale Schwankungen. Also wir haben ja eben gesehen, die PKs, die ist ja auch rückläufig, die zahlen aber eben wellenartig. Also es kann auch sein, dass es eine ganz normale Entwicklung ist. Der kurzfristige Trend, der ist nicht ganz falsch, aber der ist eben kurzfristig. Also man müsste schon wirklich länger beobachten, am besten auch mit einem einheitlichen Erhebungsverfahren, was da wirklich hinter den Zahlen steht. Man kann sich auch in dieser Antwort des Senats nochmal angucken, was eigentlich zu den verschiedenen Altersgruppen gesagt wird. Also z.B. cDU Chef Thehring hat gesagt, der Anstieg in den Grundschulen ist besonders dramatisch und belegt das damit, dass in der Altersgruppe der neun bis jährigen die Zahlen gestiegen sind. Und dann denke ich, ja okay, aber man ist ja nur bis 10, wenn man sitzen bleibt, vielleicht ein Jahr länger in der Grundschule. Und das heißt, die 10 bis Jährigen sind da eigentlich gar nicht so wichtig für die Zahl oder für die Daten aus den Grundschulen. Und tatsächlich ist auch bei den 10 Jährigen z.B. da sind die Zahlen zurückgegangen. Also man kann das alles nicht so eindeutig sagen, wie es jetzt von der CDU in Hamburg dargestellt wurde. Theing von der CDU, der bezieht das darauf, dass es immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund an hamburger Schulen gibt. Das würde ich sagen, ist aber ein statistischer Interpretationsfehler. Also es muss man sich aber, um das wirklich zu verstehen, mal genauer angucken. Okay, dann lass uns das doch machen und uns dabei mal dem Ursprung des Problems nähern. Was wissen wir denn über Ursachen von Gewalt bei Kindern? Was sind da die größten Risikofaktoren? Also wenn es um die Ursachen von Gewalt oder Straftaten insgesamt geht, dann spricht man von sogenannten krimoogenen Faktoren. Und wenn man sich die Berichterstattung über gewalttätige Jugendliche, also auch über die Straftaten insgesamt anschaut, dann könnte man denken, der größte kriminogene Faktor, der muss ja der Migrationshintergrund sein. Aber das haben wir ja jetzt mit den Stadtteilen eben gerade schon gehört. Das stimmt, aber das ist ja nur ein Zugang, um das Problem zu betrachten. Was Menno Baumann über den Faktor Migrationshintergrund gesagt hat, das hat mich in der Deutlichkeit wirklich überrascht. Er verschwindet aus jeder Statistik sofort, wenn ich irgendeinen anderen Faktor wie Alter, Geschlecht oder Adresse, aus welchem Stadtteil kommt ein junger Mensch oder aber eben auch Armutsbelastung mit einbeziehe. Alleine wenn ich den Faktor nehme, kein eigenes Zimmer, das habe ich mal in der Umfrage gemacht. Wir haben viele Jugendliche befragt zu ihren Gewalterfahrungen, also Dunkelfeldforschung, und haben dann nur den Faktor hast du ein eigenes Zimmer oder nicht gegengerechnet und sofort ist der Faktor Migrationshintergrund weg. Ich stelle fest, bei den Menschen mit Migrationshintergrund hatte jeder zweite kein eigenes Zimmer, weil den Menschen ohne Migrationshintergrund waren es nur 10. %. Aber vergleiche ich diese 10 % mit den Menschen mit Migrationshintergrund, gibt es überhaupt gar keinen Unterschied mehr in der Gewaltbereitschaft. Und welche Faktoren haben dann den größten Einfluss? Also die eigentlichen kriminogenen Faktoren, das sind die hier. Das ist geringe soziale Bindung, wenig Zuwendung oder Gewalt im Elternhaus, eine geringe Schulbildung und niedriger sozialer Status und manchmal auch ein benachteiligter Wohnort. Ein ungünstiger Freundeskreis kann da natürlich auch darauf einzahlen. Und Diskriminierungserfahrung auch. Das sind die tatsächlichen Sozialisierungsbedingungen, die das Risiko erhöhen, dass jemand straffällig wird. Okay, aber ich möchte das noch mal ganz deutlich herausstell es gibt keinen kausalen Zusammenhang zwischen Gewalt und dem Migrationshintergrund von Kindern und Jugendlichen. Also es gibt keinen Zusammenhang mit der eigenen bzw. Der familiären Herkunft, wohl aber mit dem sozialen Umfeld. Genau. Das Problem ist, durch die Lebensumstände leben migrantische Jugendliche viel öfter in solchen Verhältnissen, die Kriminalität fördern. Wenn die kriminell werden, dann liegt das aber nicht an ihrem Migrationshintergrund, sondern an diesen Verhältnissen. Aber die Verhältnisse wiederum, die hängen in Deutschland zumindest eben doch mit dem Migrationshintergrund zusammen. Ja, aber das ließe sich ja gesellschaftspolitisch ändern. Man kann sich das wie den Sturz in ein Wespennest vorstellen. Der einzelne Stich, der lässt sich aushalten, Zwiebel drauf und gut ist. Jeder dazukommende Stich, der macht die Sache schlimmer. Ein geringes Einkommen der migrantischen Eltern, da zieht das Bildungsniveau ihrer Kinder herunter. Aus migrantischen Familien stammende Schülerinnen besuchen deshalb eher Schulformen wie die Hauptschule, die als bildungsschwächer gilt. Dort sind Schüler häufiger Täter als Schüler anderer Schultypen. Und Jugendliche, die so in straffälligen Freundeskreisen abhängen und in ärmeren wohnen, gegen den leben, die sind auch eher geneigt, dieses Verhalten ihres Umfelds zu übernehmen. Und so weiter und so weiter. Also wie eine Spirale sozusagen. Genau. Und was ich auch interessant fin wenn ein Täter nicht deutscher Herkunft ist, dann schafft er es tatsächlich doppelt so häufig wie in deutscher in Pressemitteilung der Polizei und sehr, sehr viel eher in die Schlagzeilen der Medien. Es gibt eine Untersuchung der Kriminologen Dirk Bayer und Dominik Kulachzek und die stützt ich auf die Befragung von Jugendlichen der neunten Klasse und vergleicht das Gewaltverhalten von türkisch und deutschstämmigen Jugendlichen. Und die befragten türkischen Jugendlichen, die dem Islam angehören, die haben hier ein 1,6 fach erhöhtes Risiko, Gewalttäter zu sein. Aber das ist doch das, was dann eben schon manche Schlagzeilen suggerieren. Ja, aber ein viel relevanteres Ergebnis. Weder die türkische Herkunft noch die Zugehörigkeit zum Islam war in dem Befragung der entscheidende Faktor der höheren Gewaltbelastung durch türkische Jugendliche. Tatsächlich war entscheidend die Befürwortung aggressiver Männlichkeit. Ich muss da noch mal ganz kurz den Teufelsanwalt spielen. Also es gibt ja nicht so wenige Menschen, die sagen. Ja eben. Und genau dieses Befürworten aggressiver Männlichkeit ist ja Teil des kulturellen Hintergrunds muslimischer Jugendlicher gibt es. Aber es gibt auch Daten, und die widersprechen dem. Das gibt z.B. eine Befragungsstudie von Schülern aus Duisburg, die hat der Kriminologe Christian Wahlburg gemacht. Und da kommt er zu dem Ergebnis, dass die Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben die Wahrscheinlichkeit teilweise sogar senkt, straffällig zu werden, weil religiös orientierte Jugendliche ihre Freizeit oftmals risikoärmer, also sprich alkoholfrei, drogenfrei und so weiter verbringen. Das klingt vielleicht so, als würde ich das alles schönreden wollen, aber das ist überhaupt nicht so. Es gibt ja beunruhigende Entwicklungen. Z.B. also Kinder werden offensichtlich im Moment jünger zu Tätern. Das heißt, die Gesamtzahl der Täter unter 21 steigt nicht, aber sie werden jünger als früher. Und bevor du hier so richtig gute Erklärungsansätze, was da die Gründe dafür sind, die gibt es im Moment noch nicht. Okay, das habe ich tatsächlich schon befürchtet. Also dann lass uns das Fass an dieser Stelle mal zulassen und das als Beobachtung stehen lassen, weil auch da fehlt ja vielleicht noch eine aussagekräftige Langfristperpektive. Tatsächlich, genau. Ein kriminogener Faktor, der wird in der Debatte übrigens immer wieder vergessen. Also ein Faktor, um den ich mir große Sorgen mache, meiner Ansicht nach der größte Risikofaktor im Moment überhaupt, ist die Eskalation auf dem Wohnungsmarkt. Die trifft ja nicht alle Menschen gleich. Wenn ich morgen eine Wohnung suche, habe ich übermorgen eine. Aber sie trifft hauptsächlich Familien mit Kindern. Das heißt, wir haben Familien, dieen viel zu beengte Wohnverhältnisse ziehen. Wir haben wieder früher standen in den sogenannten sozialen Brennpunkten 600 Wohnungen frei. Die sind heute alle voll. Und wenn ich mir mein Zimmer mit meiner jährigen Schwester teilen muss, dann bin ich als Jähriger nicht viel zu Hause. Dann bin ich draußen und treffe dort auf die Jugendliche, denen es ähnlich geht. So, wir haben wirtschaftlichen Abstieg, also soziale Bedrohung aufgrund von Inflation und Energiekrise gehabt. Da haben wir wieder den Faktor mit dem eigenen Zimmer. Das finde ich wirklich ziemlich spend. Ich würde an der Stelle aber gerne noch mal was anderes wissen. Nach der Silvesternacht in Berlin und eigentlich nach den meisten großen Fällen, bei denen Kinder beteiligt sind, da kommt es immer wieder zur Forderung, die Strafmündigkeit zu senken. Also momentan ist es ja so, dass man als schuldunfähig geil, wenn man noch keine 14 Jahre alt ist. Im Alter zwischen 14 und 17 Jahren ist man dann in Teilen straf mündig und da geht das Jugendstrafrecht. Und wenn die Täter innen immer jünger werden, dann könnte man doch tatsächlich darüber nachdenken, das Strafrecht anzupassen. So, welche Argumente sprechen aus Sicht der Forschung dafür und welche dagegen, die Strafmündigkeit anzupassen? Die Frage beschäftigt mich tatsächlich schon seit einigen Jahren und ich habe dazu viel gelesen und ich habe auch mit Expert innen gesprochen. Und das erstaunliche ist, dass mir alle Kriminologen bisher gesagt gar nichts. Also nichts spricht dafür aus ihrer Sicht. Es scheint kein einziges richtig gutes Argument zu geben dafür, die Strafmündigkeit zu senken. Okay, und was spricht dagegen? Der Intensivpädagoge Menno Baumann, den wir schon ein paar mal gehört haben, der sagt, in allen Ländern, wo man das getan hat, also die Strafmündigkeit gesenkt hat, da haben hinterher andere Interventionen abgenommen. Also das heißt, Interventionen, die vielleicht schon Wirkung gezeigt haben, die werden weniger, wenn man die Kinder früher härter bestraft. Und für den zweiten Faktor, der dagegen spricht, ein 1994 in Großbritannien, da haben zwei Zehnjährige einen Zweijährigen zu Tode geft. Ich erinnere mich, das war ein schrecklicher Fall. Genau. Und diese beiden Zehnjährigen, die sind, wie es in Großbritannien möglich ist, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Also die waren neun Jahre im Gefängnis. Und Menno Baumann hat mich wie bitteschön will ich denn mit einem Jährigen arbeiten, der seit seinem zehnten Lebensjahr in Haft gesessen hat? Also wie will ich den in die Gesellschaft integrieren? Wie soll das funktionieren? Und wir müssen da mal all unsere Bestrafungsfantasien und unsere Empörung zurückstellen. Vielleicht wichtigstes zukünftige Straftaten zu verhindern. Und da hat mir bisher noch kein Experte gesagt, dass frühere, härtere Strafen dabei helfen würden. Bestrafungsfantasien ist auch ein spannender Begriff, aber es müssen ja irgendwie auf irgendeine Art und Weise Interventionen ran, um diese Kriminalitätsrate von Kindern und Jugendlichen zu senken. Also das Stichwort da prekäre soziale Umstände und Armut. Und welche Erkenntnisse gibt es denn dazu? An welchen Stellschrauben muss da gedreht werden oder wurde vielleicht auch schon gedreht? Also da muss der Fokus ganz klar auf Erziehung und Unterstützung von Familien durch eben den Ausbau von ambulanter Jugendhilfe und sozialräumlicher Jugendhilfe, das sind also Sozialarbeiter innen, die nicht nach Hause zu den Familien kommen, sondern in den Kiezen unterwegs sind, gelegt werden. Und das sind Faktoren, die ganz deutlich funktionieren. Das haben die letzten Jahre gezeigt. Wir haben in den letzten Jahren einen massiven Ausbau von Schulsozialarbeit erlebt. Also bis Anfang der er da gab es Schulsozialarbeit eigentlich fast nur an Förderschulen und Brennpunktschulen. Mittlerweile gibt es die ja fast flächendeckend. Und es gibt auch ein anderes Bewusstsein in Familien. Also wir kommunizieren anders über Kinder und das ist ja auch wichtig. Das dauert dann aber eine ganze Generation oder länger, bis das auch wirklich ankommt. Und superichtig eine finanzielle Versorgung von Kindern und Schutz vor Armut ist fast der wichtigste Faktor. Das betrifft übrigens auch ganz besonders Trennungsfamilien. Trennung ist nach wie vor der größte Risikofaktor neben Flucht, um in Armut zu rutschen. Und wenn wir dort gegensteuern, dann verhindert das vielleicht nicht morgen früh, aber langfristig dann eben doch potenzielle Straftaten. Armut ist übrigens auch einer der größten Risikofaktoren, wenn es um die psychische Gesundheit geht. Ja, und das ist einfach so bitter, wie Armut auch überhaupt für so viele Dinge einer der größten Risikofaktoren ist. Über psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wollen wir in Teil zwei dieser Podcast Folge weiterreden. Auch die findet ihr, wie gesagt, schon jetzt in der ARD Audiothek. Ihr könnt also gleich dab bleiben. Bend, ich sag bis hierhin schon mal vielen Dank für diese Recherche mit echt vielen Aha Effekten, richtig aufregend. Und wir hören uns dann im nächsten Teil wieder. Gerne. Bis dahin. Ich danke den Menschen hinter den Kulissen, das sind Corinna Hennig, Lisa Krumme und Jakob Böttner. Euch sage ich danke für die nette Post, die ihr uns immer schickt an Synapsen ndr de mit Lobkritik und manchmal auch Themenanregungen, die wir mit ein bisschen Abstand dann auf ##greifen wie zuletzt z.b. unsere Folge zur Perimenopae. Das war auch ein Thema, das einige von euch sich gewünscht haben. Also lasst uns gerne eine positive Bewertung da, empfehlt uns euren Freunden und Verwandten und hört direkt gerne weiter, wenn wir versuchen herauszufinden, was eigentlich dran ist an den Schlagzeilen über die Jugend in der psychischen Krise. Mein Name ist Mayja Bachtjarvicz, bis gleich. Synapsen, ein Wissenschafts Poddcast von NDR Info.
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(113) Die Jugend von heute #2: In der Psychokrise? Nicht unbedingt.
Veröffentlicht am: 22.11.2024
Zusammenfassung lesenWenn Erwachsene auf junge Menschen blicken, sehen sie oft vor allem Defizite: Jugendliche lesen weniger als früher, sie wollen kaum noch arbeiten, und gewalttätiger sind sie auch. Dabei beruhen viele dieser Vorurteile auf falschen oder willkürlichen Annahmen. Der Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald beschäftigt sich schon lange mit der Lebenswirklichkeit von Kindern und hat für diese Doppelfolge Fachleute aus Jugendpsychologie und Pädagogik befragt - eine Recherche mit vielen Aha-Effekten...
Wenn Erwachsene auf junge Menschen blicken, sehen sie oft vor allem Defizite: Jugendliche lesen weniger als früher, sie wollen kaum noch arbeiten, und gewalttätiger sind sie auch. Dabei beruhen viele dieser Vorurteile auf falschen oder willkürlichen Annahmen. Der Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald beschäftigt sich schon lange mit der Lebenswirklichkeit von Kindern und hat für diese Doppelfolge Fachleute aus Jugendpsychologie und Pädagogik befragt - eine Recherche mit vielen Aha-Effekten. Im Gespräch mit Host Maja Bahtijarević erklärt er, was der "Kids These Days"-Effekt ist und warum "Generation Z" wissenschaftlich betrachtet eigentlich nicht mehr ist als ein Sternzeichen. Anhand von zwei verschiedenen Aspekten geht er der Frage nach, was wir eigentlich tatsächlich über die Jugend von heute wissen. Das ist Teil zwei der Folge: Hier geht es um die mentale Gesundheit junger Menschen - für die es insgesamt womöglich deutlich mehr Hoffnung gibt als gedacht. Und: Bent Freiwald muss eigene, frühere Recherchen infrage stellen. HINTERGRUNDINFORMATIONEN COPSY-Studie zur psychischen Gesundheit von Jugendlichen während der Pandemie | https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/forschung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/copsy-studie.html Kinder- und Jugendreport der DAK 2023 | https://caas.content.dak.de/caas/v1/media/54006/data/70fb4d27453c8b44559e988387eef0b3/231114-download-praesentation-psychische-erkrankungen.pdf Veröffentlichungen aus der BELLA-Studie zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen | https://www.uke.de/kliniken-institute/kliniken/kinder-und-jugendpsychiatrie-psychotherapie-und-psychosomatik/forschung/arbeitsgruppen/child-public-health/forschung/bella-studie.html Auswertung dreier Langzeitstudien zur epidemiologischen Lage bei Kindern und Jugendlichen über zwei Jahrzehnte | https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-023-03720-5 Studie zur normalisierten Wahrnehmung von Ängsten in Sozialen Medien | https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/10810730.2023.2235563 Studie zu Effekten von Achtsamkeitstraining in UK | https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9340028/ Metaanalyse zum Beginn psychischer Störungen im Jugendalter | https://www.nature.com/articles/s41380-021-01161-7 Analyse der Rentenversicherung zu psychischen Faktoren bei der Erwerbsminderung | https://www.ihre-vorsorge.de/rente/nachrichten/psychische-erkrankung-bleibt-der-hauptgrund-fuer-fruehrente Statistik zu Arbeitsunfähigkeitsgründen | https://de.statista.com/statistik/daten/studie/77239/umfrage/krankheit-hauptursachen-fuer-arbeitsunfaehigkeit Newsletter von Bent Freiwald, "The kids are alright" | https://krautreporter.de/29358-bent-freiwald
ARD taz psychische Gesundheit bei Minderjährigen Depressive Jugend stuttgarter Zeitung immer mehr Jugendliche leiden an Depressionen NDR immer mehr Jugendliche in Schleswig Holstein fühlen sich psychisch belastet Synapsen ein Wissenschaftspocast von ndr Info willkommen zurück. Ich bin Mayja Bachtjarrevicz und wir wollen über die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen reden. Dies ist Teil zwei unserer Doppelfolge zur was wissen wir über die Jugend von heute? In Teil eins ging es darum, inwiefern es überhaupt Sinn ergibt, von Generationen zu sprechen und was überhaupt dran ist an den Schlagzeilen um Kinder und Jugendliche, die angeblich immer krimineller werden. The kids are all right. Ist das so? Mir geht es eher darum, dass unser Blick auf die Kinder verzerrt ist. Die Gesellschaft und mit ihr auch die Kinder, die haben sich halt verändert. Und das hat Folgen. Der kids the stays Effekt kids the days je wichtiger den erwachsenen Respekt war, desto eher glaubten sie, dass die Kinder heute keinen Respekt mehr vor den Älteren haben. Je intelligenter die Befragten, desto eher glaubten sie, dass die Kinder heute weniger intelligent sind als früher. Je belesener die Befragten waren, desto eher glaubten sie, die Kinder von heute, die lesen alle nicht mehr. Eine Generation von Menschen als eine Gruppe zu verstehen, die weitestgehend homogen ist und mehr als nur das Geburtsjahr gemeinsam hat, ist wissenschaftlich gesehen nicht tragbar. So wie sich die Welt weitergedreht hat, haben sich die Bedürfnisse auch von jungen Menschen verändert. Stimmt es denn? Werden Kinder immer gewalttätiger? Also die kurze Antwort in einem einzigen Nein. Bei mir ist mein Kollege, der Bildungs und Wissenschaftsjournalist Bent Freiit, der beim Online Magazin Krautreporter seit Jahren über junge Menschen schreibt. Hallo. Moin Bent. Wir haben im ersten Teil die ganze Zeit darüber gesprochen, wie Kinder und Jugendliche wahrgenommen werden. Deshalb würde ich jetzt gern mit dir darüber sprechen, wie es ihnen selbst denn überhaupt geht. Vor allem, wenn es im Leben eben vielleicht nicht alles glatt läuft. Die Schlagzeilen vermitteln ein ganz klares Bild, warum die psychische Krise der Jugendlichen so bedrohlich ist. Jetzt wirdür mich was sagst du denn dazu? Also ich habe tatsächlich mir eigene Artikel, die ich selbst dazu geschrieben habe und auch die von anderen Medien nochmal angeguckt. Und die Schlagseite, die war immer die gleiche. Wir befinden uns in einer Krise. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen leidet und es wird immer und immer schlimmer. Und so habe ich ehrlicherweise auch selbst bisher immer mal wieder über das Thema berichtet. Okay, das heißt, da bist du dir mit den Kollegen von anderen Medien einig? Naja, also war ich zumindest. Und das ist vielleicht jetzt komisch, aber ich würde mich an dieser Stelle einmal kurz selbst zitieren, und zwar aus dem Jahr 2023. Da habe ich einen Artikel bei Crowut Repporter geschrieben. Und da habe ich 45 % der 14 bis jährigen berichten von Stress, fünf und dreiig % von Antriebslosigkeit, zwei und dreiig % von Erschöpfung. 27 % berichten von einer Depression, 13 % von Hilflosigkeit, 7 % von Suizidgedanken. Ich könnte noch viel mehr solcher Zahlen aufreiben. Sie sind erschreckend. Sind tatsächlich erschreckend. Sind sie auch vor allem dann, wenn der Kontext fehlt. Also ich hätte ein paar Fragen an meinen Vergangenheits ich. Z.B. die wenn 27 % der jungen Menschen von Depressionen berichten, ist das eigentlich viel oder ist das wenig? Also auch verglichen mit anderen Altersgruppen. Und sind sie auch wirklich erkrankt oder berichten sie nur davon? Sind 13 % hilflose junge Menschen viel oder vielleicht auch normal, weil junge Menschen sich halt öfter hilflos fühlen? Mein vergangenheits ich hat diese Fragen leider offen gelassen. Das ist ein ziemlich ungewöhnlich ehrliches Urteil, was du da irgendwie mit deiner Arbeit bisher oder zumindest mit diesem einen Artikel hast. Heißt das, du bist mit deiner eigenen Berichterstattung gar nicht mehr so richtig einverstanden? Das kann man so sagen. Also teilweise ärgere ich mich wirklich, dass ich das so verkürzt dargestellt habe. Für diese Episode habe ich deshalb die Recherche zur mentalen Gesundheit noch mal komplett bei null angesetzt. Und ich habe mir angeschaut, auf welchen Daten die vielen Berichte basieren, die der Jugend eine psychische Krise belegen. Also die Recherche wurde irgendwann für mich ziemlich unangenehm, weil ich nichts herunterpielen will. Und ich will nicht der sein, der sagt, das ist ja alles halb so schlimm. Aber die Daten, die sind halt viel unklarer als das, was oft dargestellt wird. Und auch hier habe ich mit einem Experten gesprochen, mit Julian Schmitz, der ist Professor für klinische Kinder und Jugendpsychologie in Leipzig. Und nach unserem Interview habe ich noch wochenlang weiter recherchiert. Und dann haben wir noch mal telefoniert und irgendwann haben wir angefangen, uns auf WhatsApp zu schreiben, weil ich immer dachte, das kann doch alles nicht sein. Also die Daten sind doch viel komplizierter als dargestellt. Okay, dann lass uns mal vorne anfangen. Was wissen wir denn über den psychischen Zustand von Kindern und Jugendlichen? Also wir wissen ja, die zahlen steigen. Es gibt heute mehr Kinder und Jugendliche, die Symptome einer psychischen Störung zeigen, als es früher der Fall war. Das zumindest sagen die meisten Experttinnen, mit denen ich gesprochen habe. Und auch die Daten, die es gibt. Aber viele Daten, die den Anstieg belegen sollen, die sind dafür gar nicht geeignet. Also die Frage wie viel mehr sind es denn? Und ist es ein bisschen mehr oder ist es erschreckend viel mehr? Und wann ist eigentlich dieses ominöse früher? Lass uns also die Daten mal genau angucken. Dann gibt es einerseits die COPSY Studie. Die Abkürzung steht für Corona und Psyche. Und laut der COPSI Studie klettert die Zahl psychischer Auffälligkeiten bei den rund 1000 untersuchten Kindern zwischen 11 und 17 von 18 % vor der Pandemie auf bis zu ein und dreiig % im ersten Corona Jahr 2021. Und danach, also nach der Pandemie, da sank die Quote wieder auf 23. %. Das heißt, es ist aber immer noch erhöht im Vergleich zuvor der Pandemie. Aber die COPSY Studie ist doch eine ziemlich renommierte Studie. Also die Zahlen sind doch verlässlich. Voll. Will ich auch gar nicht widersprechen. Ich habe mir aber auch andere Zahlen angeguckt, wo die psychische Krise der Kinder und Jugendlichen mit belegt wurde. Z.B. den Kinder und Jugend Report 2023 der DAK. Und der bestätigt diesen Anstieg. In die bundesweite Analyse flossen die Daten von rund DRK versicherten Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren ein. Und demnach litten besonders Mädchen unter psychischen Problemen. Depressionen nahmen bei ihnen zwischen 2019 und 2022 um 24 % zu, Essstörungen um 51 % und Ängste um 44. %. Boah, das klingt echt krass, ne? Klingt krass. Bevor wir uns aber anschauen, wie gut dieser Anstieg wirklich belegt ist und was von diesen Daten zu halten ist, will ich erst einmal kurz Julian Schmitz zu Wort kommen lassen. Es gibt leider in Deutschland keine dauerhafte nationale Datenerhebung zum Thema psychische Gesundheit und Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen. Es gab lange die Kicks und die Bella Studie, die durchgeführt wurden, die man dann aber nicht weitergeführt hat Mitte der ER Jahre. Und dann aber in der Pandemie und auch schon davor neue Studien entstanden sind. Z.B. das Präventionsradar der DAK, was insoweit beeindruckend ist, dass es mittlerweile über Schülerinnen und Schüler ab Klasse fünf befragt in verschiedenen Bundesländern zum Thema psychische Gesundheit, Wohlbefinden und ja auch Schwierigkeiten wie Einsamkeit, Medienkonsum. Und die Daten, die wir insgesamt haben, zeigen, dass es Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den meisten Fällen psychisch gut geht, dass sie nicht psychisch erkrankt sind und auch keinen Behandlungsbedarf haben. Das ist ja erstmal ganz wichtig, wenn wir uns dem Thema sachlich widmen wollen. Das sagt also Julian Schmitz, der Psychologe, dazu. Also das, was er sagt, dass die Daten, die wir insgesamt haben, eigentlich zeigen, dass es Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den meisten Fällen psychisch gut geht. Also, dass sie nicht psychisch erkrankt sind, das ist schon tatsächlich sehr wichtig. Also kurz zur Erklärung, diese Bella Studie, die Julian Schmitz da erwähnt, die WüR, glaube ich, genauso wie die COPSI Studie am UKE in Hamburg gemacht. Also die Daten sind ähnlich verlässlich und valide. Du hast aber eben schon gesagt, wir beschäftigen uns damit, wie gut dieser Anstieg unter Kinder und Jugendlichen belegt ist. Und da frage ich mich, ist es denn tatsächlich umstritten, dass es den Anstieg gibt? Du hast doch eben gerade selbst wir wissen ja, die Zahlen steigen. Es ist zumindest umstritten, was dahinter steckt. Aber ich finde z.B. auch die Datenbasis an sich nicht sonderlich stark. Also zumindest beim DAK Bericht sind mir ein paar Sachen aufgefallen. Demnach litten besonders Mädchen unter psychischen Problemen, also Depressionen nahm bei ihnen zwischen 2019 und 2022 um 24 % zu. Und die heftigste Zahl war ja die mit den Essstörungen um 51, %, also mehr als die Hälfte. Krass. Genau, und die Ängste um 44. %. Nehmen wir z.b. diesen Anstieg der Essstörungen bei den Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren. Die Rate stieg ja laut den Berichten von 2019 bis 2022 um 51. %. Vergleicht man die aktuelle Zahl aber nicht mit 2019, sondern mit 2018, also ein Jahr vorher, dann steigt die Rate deutlich weniger, dann nämlich nur um 20,48. %. Von 2018 bis 2019 sank die Rate nämlich erstmal, bevor sie dann durch Corona wieder hochging. Also wieder einer dieser Corona Effekte, der womöglich bzw. Hoffentlich vorübergehend sein könnte. Ja. Noch ein anderes Beispiel. Im Vergleich zuvor der Pandemie 2019 wurde 2022 bei 6 % mehr jugendlichen Mädchen zwischen 15 und 17 erstmals eine psychische Erkrankung und Verhaltensstörung diagnostiziert. Aber auch das liegt daran, dass dieser Wert in den Jahren vor der Pandemie erstmal gesunken ist. Vergleicht man den Wert von 2022 mit dem von 2018, dann ist das gar kein Plus mehr von 6, %, sondern ein Minus von 0,21. %. Das ist wichtig. Bei den Jungen liegt dieser Wert von 2022 sogar 8 % unterhalb des Wertes von 2000 neunzehnte. Und dann habe ich mir noch eine Tabelle in diesem wirklich langen Bericht genauer angeguckt. Das ist die Tabelle 15, Entwicklung der Inzidenz psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen unter DRK versicherten Kindern und Jugendlichen. Und die kann man für die Jahre 2018 bis 2022 nachlesen, wie häufig Kindern und Jugendlichen insgesamt eine neue psychische Erkrankung Di diagnostiziert wurde. Und in der Altersgruppe der 15 bis Jährigen, da betrug die relative Differenz zwischen den Jahren 2022 und 2019 0. %. Also es gab keinen nennenswerten Unterschied. Und in den anderen Altersgruppen, bei den 10 bis Jährigen, da gab es auch keine Veränderung. Und bei den vier bis Jährigen, da gab es sogar eine leichte Verbesserung. Okay, das ist irgendwie ein bisschen schräg. Heißt das, wir haben gar keine psychische Krise unter jungen Menschen? Also insgesamt eignen sich die Daten der DAK und auch von anderen Krankenversicherungen nicht dazu, Aussagen zum Anstieg oder Abfall des psychischen Leids in Deutschland zu machen. Also das sagt Julian Schmitz, der Psychologe. Der Grund ist, bei den Daten handelt es sich um Abrechnungsdaten. Und wenn man aus dem Anstieg der Neuerkrankten direkt ableite, dass immer mehr Menschen erkrankten, dann würde man ja davon ausgehen, dass in den Jahren zuvor 100 % der Erkrankten auch Hilfe erhalten haben. Das wiederum ist ja bei praktisch keiner Erkrankung der Fall. Und wenn es bei bestimmten Krankheitsbildern einen Anstieg gibt, dann muss es ja eigentlich fast zwangsläufig bei anderen Krankheitsbildern in der psychischen Gesundheit Rückgang geben. Okay, ich glaube, das musst du erklären. Nochmal. Die Anzahl der Krankenhausbetten und Therapieplätze ist schließlich nach oben beschränkt, sagt Julian Schmitz. Und die sind ja, das wissen wir, ziemlich gut ausgelastet. Die Daten eignen sich also insgesamt nicht dafür, eine Krise zu belegen. Sie eignet sich aber auch nicht dafür, sie zu widerlegen. Okay, das habe ich verstanden. Aber dann müsste sich die COPSY Studie ja schon besser eignen. Voll. Und die sagt, es gab einen Anstieg während der Pandemie bei psychischen Erkrankungen insgesamt. Bei den Symptomen einer Angststörung ist das Niveau immer noch erhöht, bei Depressionssymptomen mittlerweile nicht mehr. Das Niveau ist da leicht unter dem vor der Pandemie. Okay, das heißt, es gibt derzeit in bestimmten Bereichen einen Anstieg, in anderen ist der Anstieg wieder vorbei. Aber das betrifft ja jetzt erst mal die letzten Jahre. Wie sieht es denn langfristig aus? Genau, also die COPSI Studie, die hat ja 2020 angefangen. Davor gab es eine andere Befragung, die haben wir eben auch schon erwähn, die Bella Studie. Und ich habe eine Untersuchung gefunden, die sich diese beiden Langzeitigstudien und die internationale Health Behavior in School Age Children Studie genommen hat, um eine epidemiologische Lage von Kindern und Jugendlichen über die letzten 20 Jahre bestimmen zu können. Also sozusagen der Gesundheitsstatus von Schulkindern. Genau, das grundsätzlich. Und ein Ergebnis ist die Lebenszufriedenheit von Kindern und Jugendlichen, die ist seit 2002 ziemlich stabil und die schwankt nur zum einem kleinen Teil. Während der Pandemie, das sieht man deutlich, da ging die Lebenszufriedenheit sichtbar runter. Danach stieg sie wieder an und jetzt ist sie fast auf dem Niveau vor der Pandemie. Boa, und das ist echt eine schöne Nachricht eigentlich, weil bei einem kritischen Blick auf die entwicklungszahlen mentale Gesundheit von Jugendlichen in der Pandemie, das ist schon echt ein gravierender Einschnitt gewesen. Genau, also man kann zusammenfassen, im Erhebungszeitraum dieser größeren Untersuchung, die ich eben erwähnt habe, von 2003 bis 2017, waren das eineinhalb Jahrzehnte, wo die Rate psychischer Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen eigentlich rückläufig war. Und dann kam es eben zu Beginn der Pandemie, also im ersten Jahr der Covid Pandemie, zu einem deutlichen Anstieg. Auch hier kommt es darauf an, welche psychischen Symptome man sich genau anschaut. Also bei den Angstsymptomen z.b. da gab es in den 15 Jahren vor der Pandemie einen Anstieg von rund 10 % auf rund 15. %. Das heißt, die Angstsymptome sind um gut die Hälfte gestiegen. Richtig. Und bei den depressiven Symptomen gab es ebenfalls einen Anstieg in diesem Zeitraum von ungefähr 11 % auf 16. %. Die Gesamtzahl der psychischen Auffälligkeiten, die ging in diesem Zeitraum allerdings zurück. Also die langfristigen Zahlen aus Deutschland, die zeichnen ein etwas anderes Bild als das der psychisch immer kränkeren Jugend. Die Erzählung, so würde ich jetzt mal zusammenfassen, die geht eher so die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die war in den vergangenen 20 Jahren relativ stabil, mit Schwankungen bei bestimmten Symptomen. Die Pandemie, die hatte deutliche Auswirkungen, die aber langsam wieder abnehmen. Und ob die Zahln zurück auf das Niveau vor der Pandemie gehen, das ist noch unklar. Okay, aber das ist ja schon ein entscheidender Punkt, finde ich, eben die Frage, ob die Pandemie langfristige Auswirkungen auf die mentale Gesundheit der Jugendlichen hat. Also ob es da jetzt irgendwie einen längerfristigen Knick nach oben gibt. Aber da du selbst ja gerade so ein bisschen skeptisch klingst, frage ich hier noch mal kann man den bisherigen stabilen Trend denn mit anderen Parametern noch bestätigen? Das kann man und ich wollte das auch wissen und habe dann überprüft, wie sich denn eigentlich die Suizidrate unter jungen Menschen entwickelt hat in den letzten 20 Jahren. Dafür habe ich dem Familienministerium geschrieben, die wussten das aber auch nicht. Und dann habe ich meine Twitter Follower mal gefragt, vielleicht ist da ja die Expertise, ob die die Daten kennen. Und tatsächlich habe ich da eine Seite gefunden von der Universität Kassel. Und die haben die Gesundheitsdaten des Bundes ausgewertet und ihre Ergebnisse beim nationalen Suizidpräventionsprogramm veröffentlicht. Und das Bild ist auch hier echt stabil. Also die Rate hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Sie ist heute niedriger als in den meisten Jahren vor der Pandemie. Und das habe ich dann auch dem Familienministerium geschickt und die waren ehrlicherweise auch echt dankbar, dass die die Zahlen jetzt auch mal haben. Ja, auch spannend, mal sowas zu hören. Aber wenn man sich jetzt diese Zahlen so anguckt, dann klingt das eigentlich viel unspektakulärer als wir sind hier mitten in einer bedrohlichen Krise. Finde ich auch. Christoph Corell, der ist Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes und Jugendalters an der berliner Charité, der wird bei Spektrum so zitiert, es lässt sich schwer einschätzen, ob psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen tatsächlich zugenommen haben. Und wie meint er das? Also es gibt verschiedene Faktoren, die die Zahlen beeinflussen könnten und für einen Anstieg sorgen könnten, obwohl es vielleicht gar nicht so viel mehr Kinder und Jugendliche gibt, die psychisch erkrankt sind. Ein paar will ich davon mal nennen. Also es gibt z.b. den Faktor weniger Stigmatisierung. Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene, die schämen sich heute weniger dafür, wenn sie psychisch krank sind. Das heißt aber auch, sie holen sich eher Hilfe und tauchen dementsprechend auch eher in den Datenbanken auf. Klingt plausibel. Ein zweiter Faktor ist die Aufklärung. Also wer weiß, welche Symptome zu welchen psychischen Störungen gehören, der kann ja seine eigene Gefühlswelt viel genauer beobachten und dann auch vielleicht zum Ergebnis kommen, das ist doch eine psychische Störung, was ich hier erlebt. Die Kenen. Genau, zwei britische Psycholog innen von der University of Oxford, die nennen das eine Inflation der Prävalenzen. Also das Bewusstsein für psychische Gesundheit führt möglicherweise zu einer Zunahme von Fremd und Selbstzuschreibung unter jungen Menschen, die oft als psychiatrische Diagnose daherkommen. Okay, aber heißt das etwas steilfragt, es gibt sozusagen Modediagnosen, also, oder wenn man es im positiven Sinne sagen will, es fliegen weniger wirkliche manifeste Erkrankungen unter dem Radar als früher? Ja, also modediagnosen würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, aber wer gar nicht weiß, welche Symptome z.B. eine Depression mit sich bringt, der wird sich auch seltener Hilfe suchen, wenn er oft traurig oder niedergeschlagen ist. Einen dritten Faktor will ich noch nennen. Heute gelten Dinge als psychische Störungen, die früher noch keine waren. Also ganz offiziell. Es gibt ja diese Kataloge, wo drinsteht, welche psychischen Erkrankungen es so gibt. Die internationale Klassifikation der Krankheiten, also ECD 10 z.B. und da gibt es ein Beispiel, was heute als Trauma gilt. Also ganz offiziell, früher war die Diagnose Trauma nur für die, deren Leben selbst bedroht war, also die eine Situation erlebt haben, wo sie vielleicht fast gestorben wären. Mittlerweile wird diese Diagnose auch gegeben, wenn du beobachtet hast, wie jemand in Lebensgefahr war oder wenn eine dir nahestehende Person etwas Lebensbedrohliches erlebt hat. Auch wenn du gar nicht dabei warst. Das ist der dritte Faktor. Und der vierte Faktor ist, dass Dinge heute als psychische Störung gelten, die früher vielleicht gar keine waren. Also jetzt nicht auf den Katalog bezogen, sondern auf unsere eigene Wahrnehmung bezogen. In der Untersuchung von 2024, da attestierten die Forscher innen Probanden eine breite Vorstellung von psychischer Erkrankung, wenn diese verschiedene Erlebnisse und Verhaltensweisen als störungsrelevant einstuften und darunter auch eher milde Zustände z.B. irgend sozialer Gehemmtheit waren. Einer der Wissenschaftler, Nick Hasslem, der nennt das Concept Creep, also sozusagen die Ausdehnung von Krankheitsbegriffen. Man sollte aber diese ganzen Faktoren nicht nutzen, um so zu tun, als gäbe es überhaupt kein Problem. Warum, hat Julian Schmmitz zusammengefasst. Und was ich aber auch ganz wichtig finde, man kann ja nicht jetzt einfach sagen, naja, dieser Anstieg der psychischen Belastung geht ja hauptsächlich auf Entstigmatisierung zurück oder auf mehr Awareness, deswegen ist es ja kein Problem. Nein, also die Sachen sind ja, oder diese Probleme sind ja trotzdem da. Wir reden halt mehr darüber und sie kommen ein Stück weit mehr an die Oberfläche, was vorher im Prinzip vielleicht nicht benannt worden wäre. Das heißt, das ist ja was Gutes in dem Sinne, dass man dann überhaupt die Chance hat, auch sich Hilfe zu suchen, sich darum zu kümmern, auch darüber zu sprechen, was sind eigentlich Faktoren, die dazu beitragen und um die wir uns auch gesellschaftlich kümmern müssen. Von daher ist es auch eine wichtige Entwicklung, dass diese Entstigigmatisierung und diese erhöhte Awareness stattfindet, dass die Gesellschaft heute offener über mentale Probleme spricht und mehr Menschen immer mehr darüber wissen, welche Symptome zu welchen Störungen passen. Das kann dazu führen, dass die Zahlen steigen. Und wichtig kann ob es tatsächlich einen Zusammenhang gibt, ist umstritten, aber es gibt Hinweise. Ein Hinweis ist z.B. eine Studie aus dem Jahr 2023. Und da wurde einer Gruppe von Studierenden, die waren im Durchschnitt so 20 Jahre alt, Social Media Beiträge gezeigt, in denen Ängste als normal und weit verbreitet dargestellt wurden. Also die wurden sozusagen normalisiert. Diese Gruppe diagnostizierte anschließend bei sich selbst häufiger eine Angststörung als die Kontrollgruppe. Es wurde jedoch kein direkter Effekt von normalisierten Posts auf den persönlichen Stress festgestellt. Also Personen, die den normalisierten Beitrag sahen, berichteten zwar nicht über ein höheres Maß an Angst oder so, sie stuften ihre Angst aber eher als Störung ein. Richtiger Punkt. Einige Psycholog innen vermuten deshalb, dass die häufige Darstellung von Ängsten in sozialen Medien zu einer Überdiagnose von Angststörungen führen kann. Und dann gibt es noch einen zweiten Hinweis in Großbritannien, da haben mehrere tausend Teenager an einer Untersuchung teilgenommen. Und die Wissenschaftlerinnen aus Oxford, die wollten wissen, ob Achtsamkeitstraining, also dieses Mindfulness würde man auf Neudeutsch sagen, das psychische Wohlbefinden verbessert. Eine Hälfte der Teenager wurde von ihren Lehrkräften in 10 Lektionen darin geschult, ihre Aufmerksamkeit auf den Moment zu lenken, also ihren Körper und ihre Gefühle in den Fokus zu nehmen. Und Die andere Hälfte der Probanden, die wurde in der Zeit ganz normal unterrichtet. Und die Analyse von 84 Schulen mit über taused Teilnehmer innen ergab, das Achtsamkeitstraining, das hatte keine positiven Effekt auf die psychische Gesundheit. Echt? Und tatsächlich war das Gegenteil eher der Fall. Also bei Schüler innen, die vermehrt psychischen Belastungen ausgesetzt waren, da stieg das Depressionsrisiko und das Wohlbefinden sank. Das ist ziemlich interessant, weil Achtsamkeitstraining gilt ja für viele einfach als der Schlüssel irgendwie zu mentaler Gesundheit. Spannend. Aber ich halte mal fest, also die Frage, ob es wirklich einen Anstieg gibt, scheint etwas komplizierter zu sein. Wie misst man denn eigentlich, wie es Kindern und Jugendlichen psychisch geht? Was sind da denn zuverlässige Methoden, auf die man zurückgreifen kann? Also wir haben schon welche kennengelernt. Viele Studien, die nutzen Selbstbefragung und wir haben eben gesehen, warum das ein Problem sein kann. Also wenn es ein breiteres Verständnis von psychischen Störungen gibt, dann kann das eben, haben wir eben in der einen Studie gesehen, dazu führen, dass man sich eher selbst eine psychische Störung diagnostizieren würde. Selbstberichte sind aber total wichtig. Aber eben nicht nur Selbstberichte. Man fragt auch die Eltern, man fragt die Erziehungsberechtigten, in manchen Fällen auch die Lehrkräfte, was sie denn sagen, wie es bestimmten Schülern geht. Und zuletzt, super wichtig, um wirklich einen Eindruck davon zu bekommen, ist jemand psychisch krank, ist eben das Expertenurteil. Also ausgebildete Psychotherapeut innen z.B. die die Expertise haben, den feinen Unterschied zwischen, na normalem Stress und belastenden Situationen und tatsächlicher psychischer Erkrankungen zu unterscheiden. Weil es kann einfach sein, dass ich selber vielleicht das Gefühl habe, ich bin ganz, ganz stark belastet und viel stärker belastet auch als andere. Aber ein Experte würde vielleicht na, das reicht noch nicht für eine manifeste psychische Störung. Und trotzdem scheinen zumindest momentan die Trends in der Selbsteinschätzung und in der von Fachleuten zusammenzupassen. Das sagt zumindest Julian Schmitz. Also allein, wenn wir uns z.B. die Covid Pandemie anschauen und wenn wir z.B. die Daten zusammentragen, die wir aus dem Versorgungssystem haben, da haben wir ja auch eine Studie gemacht, in der wir dann bundesweit niedergelassene Psychotherapeut innen befragt haben, wie das Anfrageaufkommen in den Praxen sich verändert hat. Und da haben wir sehr deutlich gesehen, dass die Praxengen bei uns rufen mehr Familien an, weil sie in der Pandemie einen erhöhten Bedarf haben, dass sie mehr Depressionen erleben, dass sie mehr Angststörungen erleben. Und das hält auch bis heute eigentlich an. Also wir haben dieses Jahr auch noch mal Daten erhoben in einem Forschungsprojekt, die Anfang nächsten Jahres auch veröffentlicht werden, wo wir wieder nochmal auch diese Befragung gemacht haben der ambulanten Praxen und dort die Psychotherapeutinnen sagen, wir haben weiter eine sehr hohe Nachfra also es kommen offensichtlich mehr Patientinnen und Patienten als früher, das kann man schon sagen. Und aber auch der reine Selbstbericht ist trotzdem ein wichtiger Gradmesser, weil psychische Störungen, gerade die internalisierenden psychischen Erkrankungen wie Depressionen, die durch Traurigkeitsgefühle, Einsamkeitsgefühle, Motivationsverlust oder auch Ängste sich charakterisieren, ja genau auf diesem Selbstbericht beruhen. Also das heißt, dieser Selbstbericht ist ein ganz, ganz wichtiger Gradmesser. Da sieht man ganz gut, wie vielschichtig das eigentlich ist. Ja, total. Und da sieht man auch wirklich noch mal, wie wichtig das ist zu wissen, das direkte Umfeld, die Mitschüler innen, die Herkunft, das Elternhaus, das eigene Wissen über Symptome psychischer Krankheiten, all das beeinflusst, wie häufig Kinder und Jugendliche bei sich selbst eine psychische Krankheit vermuten und auch wie oft sie dann eben eine Diagnose bekommen. Okay, und das, was Julian Schmitz gesagt hat, klingt aber leider schon danach, als würde dieser Corona Effekt sich leider eben nicht so schnell wieder erledigen. Was sind denn die Faktoren im Leben von Kindern und Jugendlichen heute, die sie belasten? Also wenn man auf der Straße mal Passanten fragen würde, dann würden die wahrscheinlich immer wieder antworten, naja, die vielen Krisen halt. Also Klimakrise, Corona Pandemie, Ukraine Krieg, Israel Palästinakrieg, Energiekrise, Inflation, Wohnungsnot und so weiter und so weiter. Und Jugendstudien, ich weiß nicht, ob du das mal gesehen hast, die sind ja in den letzten Jahren auch überschrieben mit Jugend in der Dauerkrise. Aber wenn man sich anschaut, was wirkliche Faktoren sind, die Kinder und Jugendliche psychisch belasten, dann sind das von großen Teil ganz andere. Julian Schmitz und sein Team, die haben ja z.B. psychotherapeut innen gefragt, warum die Kinder und Jugendlichen in ihre Praxis kommen. Und die Faktoren im unmittelbaren sozialen Nahfeld von Kindern und Jugendlichen, das sind die wichtigsten Kamm daraus. Also Konflikte im Elternhaus, Vernachlässigung, Streitereien zu Hause, wenn die Eltern Stress haben, all das spielt eine wichtige Rolle. Aber wahrscheinlich Schule auch. Schule total ist auch ein großer Faktor. Also hoher Leistungsdruck, konflikthafte Beziehungen zu Mitschülerinnen und Mitschülern, aber auch zu Lehrkräften. Auch weil durch die Pandemie so Bildungsbiografien unterbrochen wurden und es jetzt mit ganz viel Druck versucht wird, diese Bildungsbiografien wieder gerade zu rücken. Über den schulischen Druck habe ich auch mit Julian Schmitz viel gesprochen und er hat mich auch noch mal darauf hingewiesen, dass er ganz oft das Argument gemacht wird, das hat uns auch nicht geschadet. Also er sagt zumindest, das stimmt wahrscheinlich gar nicht, dass uns das auch nicht geschadet hat. Und sein Argument geht so, es gibt eine Meta Analyse, in der wurden 192 epidemiologische Studien mit mehr als Personen ausgewertet, also wirklich viele. Und da zeigte sich, dass die meisten psychischen Störungen ziemlich früh beginnen. Also bei fünf und dreiig % der Patientinnen vor dem Alter von 14 Jahren, bei ungefähr der Hälfte bis zum Alter von 18 Jahren und bei ungefähr 63 % bis zum Alter von 25 Jahren. Das heißt, wenn man sich jetzt anguckt, welche psychischen Erkrankungen Erwachsene haben, dann muss man davon ausgehen, dass der Großteil dieser Erkrankungen ihren Ursprung in den ersten 20 Lebensjahren haben. Genau so ist es. Und der Gesundheitszustand der Erwachsenen heute erzählt uns ziemlich viel darüber, wie sie damals als Kinder aufgewachsen sind. Und diese Geschichte, die ist relativ eindeutig. Wenn man sich anschaut, warum Erwachsene heute in Frührente gehen, dann sind psychische Erkrankung der Hauptgrund Nr. Eins. Wir sehen auch, warum Menschen arbeitsunfähig werden, also warum Krankheitstage in Anspruch genommen werden als Arbeitnehmer in. Und da sind eben auch die psychischen Erkrankungen unter den top drei Gründen. Und das finde ich, ist auch ein ziemlich wichtiger Punkt, weil das zeigt ja, dass wir unser Augenmerk heute womöglich noch viel mehr z.B. auf unser Schulsystem richten müssten. Das fordern auch viele. Und das ist auch so eine Forderung, hinter der können sich Parteien einfach super problemlos alle hinter versammeln, aber eine Lobby haben Schulen oder Schüler innen schon noch lange nicht. Das muss man leider so sagen. Also gefordert wird ja ganz viel, gemacht wird leider immer ein bisschen wenig. Also wenn ich das mal zusammenfassen müsste, erst hinter all diesen Sachen im persönlichen Umfeld spielen die vielen Krisen eine Rolle, um die es so oft in der Öffentlichkeit geht. Das hat mir auch Julian Schmitz noch mal so gesagt. Wir haben ja auch eine Hochschulambulanz. Und wenn ich schaue, was sind bei den Patientinnen und Patienten bei uns die Themen, dann kommt eigentlich selten jemand. Und ich komme, weil ich solche Angst vor der Klimakrise habe, oder ich habe solche Angst, dass es Krieg in Deutschland gibt. Es gibt immer wieder auch Kinder, bei denen das ein Thema ist und es ist, würde ich sagen, das sind Themen, die Kinder und Jugendliche verunsichern und damit auch grundsätzlich Kinder destabilisieren und damit auch weniger widerstandskräftig gegenüber Belastungen im unmittelbaren Nahfeld vielleicht machen. Aber ja ganz klar, die unmittelbaren persönlichen Belastungsfaktor spielen eine größere Rolle, dass Kinder psychisch krank werden. Das andere ist, würde ich sagen, ehergemein ein allgemeines Gefühl von Unsicherheit und belastet sein. Vielleicht auch das Gefühl zu haben, die Zukunft ist unsicher. Allgemein sich Sorgen zu machen, was mit diesen gesellschaftlichen Krisen einhergeht, aber nicht so sehr die wirklich unmittelbare psychische Akran. Die Frage ist ja auch immer, welchen Impact hat das? Also wenn ich z.b. jugendliche frage, was sind so Themen, um die machst du dir Sorgen? Und dann sagt ja, ich denke schon auch öfter so an den Krieg und muss man ja auch immer dann auch noch mit berücksichtigen, wie stark ist eigentlich wirklich dieser Sorge auf meine unmittelbare persönliche Gesundheit? Man kann sich ja auch Sorgen machen oder Gedanken daran haben, ohne dass es einen in der psychischen Gesundheit massiv beeinträchtigt. Und ich denke, diese Differenzierung ist auch in den Studien ganz, ganz wichtig und man darf diese unmittelbaren Risikofaktoren im Nahfeld wie Familie, Schule, Gleichaltrigen, Gruppe, die sollte man deswegen nicht aus den Augen verlieren, weil sie mindestens genauso wichtig sind, wenn nicht sogar auch ein Stück weit wichtiger, wenn es um psychische Störungen geht. Das was bei mir noch ziemlich nachhalilt, ist das, was du eben gerade gesagt hast, dass das hat uns ja früher auch nicht geschadet. Einfach irgendwie so ein Glaubenssatz, der sich so krass hält. Und so ein ähnlicher Glaubenssatz ist ja auch naja, früher gab es doch auch Krisen, also vom zweiten Weltkrieg über die Wende, über die Finanzkrise. Gleichzeitig heißt es aber, Kinder und Jugendliche sorgen sich heute deutlich mehr als früher. Stimmt das denn? Also woher kommt denn diese Vermutung? Ich finde, das ist ein super interessanter Punkt, weil du hast voll recht, finde ich. Also es gab schon immer Krisen und teilweise waren die ja auch eklatant. Also es ist nicht so, dass jetzt auf einmal die Kinder in einer ganz anderen Zeit aufwachsen. Aber es gibt eine gute Erklärung, warum die Kinder und Jugendlichen das heute vielleicht alles etwas näher wahrnehmen und zwar Social Mediare. Ja OK, das gab es halt früher nicht. Also auch als wir aufgewachsen sind, gab es das ja nicht. Und wenn früher was passiert ist, dann hat man das halt im Fernsehen gesehen oder am nächsten Tag in der Zeitung gelesen, aber man hatte das ja nicht die ganze Zeit auf dem Handy dabei. Ja und heute fiept das Handy nonstop, wenn irgendwas passiert. Genau. Am elfter Sep. 2001, als die World Trade Türme angegriffen wurden, da weiß ich noch, ich saß zu Hause mit meinen Eltern zu Hause am Fernseher und hab den Teletext gelesen. Wird man heute ja nicht machen, aber das war damals das Medium, was die Infos am schnellsten quasi uns geliefert hat. Und heute bekommen Kinder eben alle großen Krisen der Welt in Echtzeit ununterbrochen live aufs Handy. Wobei also bei 11 gab es ja auch überall die Bilder. Also da hat man es halt überall gesehen. Aber wahrscheinlich war es einfach, also das war nicht erinnere mich an Hubschrauberbilder. Das war wahrscheinlich dann auch noch ein bisschen weiter weg als das, wie man es heute erlebt. Ja und man konnte auch abschalten. Also man ist nicht sozusagen in der Schule, hat in der Pause sein Handy rausgezückt und hatte da wieder alle alle Bilder in der Tasche oder auf dem Screen. Wenn man dann woanders war, dann war man woanders. Stimmt. Und das geht halt heute nicht mehr. Kinder partizipieren an dieser extrem negativ und extrem auf Aufmerksamkeit fokussierten Welt von den sozialen Medien und sind damit eben auch mit diesen Themen sehr, sehr stark und unmbar und ungefiltert konfrontiert. Und diese ins Negativ polarisierten medialen Inhalte, die sind wirklich in den Alltag und ein Stück weit auch 24 sieben, also ohne Abschaltpause in das Leben von Kindern und Jugendlichen eingedrungen. Und das macht natürlich auch was mit denen. Früher war es ja nicht so, dass man sagen konnte, es gab keine globalen Krisen, aber es ist eben nicht so sehr in den Alltag von Kindern und Jugendlichen reingeflossen und es war wahrscheinlich einfach ein bisschen kontrollierter, als das heute vielleicht punktuell passiert. Wobei also das Thema smartphone Nutzung von Jugendlichen ist natürlich auch noch mal eine eigene Sache für sich und da ist es ja auch nicht so einfach mit Korrelation und Kausalität. Das Fass müssen wir zum Glück hier nicht aufmachen, weil wir dazu gerade erst eine Podcast Folge aufgenommen haben. Sie heißt unkonzentriert und dumm die Evidenz hinter der Smartphone Angst und die findet ihr wie immer auch in der ARD Audiothek und da wo es sonst Podcasts gibt. Von mir auf jeden Fall eine dringende Hörempfehlung. Da geht unsere Kollegin Melanie Stinn nämlich auch auf Social Media und mentale Gesundheit ein. Was man sich glaube ich, bei diesem ganzen Thema für uns jetzt einfach merken sollte, wenn es um Social Media und psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen geht, man kann das Entstehen von einer Depression oder einer Angststörung nie auf nur eine einzige Ursache zurückführen. Also es kommen immer mehrere Faktoren zusammen. Ich habe ja eben schon erwähnt, wenn man Psychotherapeut innen fragt, warum junge Patient innen zu ihnen kommen, dann geht es halt ganz viel um das persönliche Umfeld. Soziale Medien werden da kaum als Hauptgrund angegeben. Und wenn man sich nicht mal so ganz sicher ist, ob es einen Anstieg von psychischen Störungen überhaupt gibt bei Kindern und Jugendlichen, also zumindest keinen langfristigen, dann ist es halt auch schwer, diesen vermeintlichen Anstieg auf einen Faktor eben auf soziale Medien zurückzuführen. Aber genau das wird ja in der Öffentlichkeit ganz oft gemacht. Ja, aber das ist wahrscheinlich auch einfach so unheimlich vielschichtig. Also das eine bedingt das andere, während noch ein dritter Faktor mit reingeht und dann wird es erst das Gesamtbild sozusagen, das, was dann klar steht. Genauo. Also soziale Medien, die sind quasi nicht wie Rattengift, das für jeden giftig ist. Sie sind eher so wie Alkohol, also eine leicht süchtig machende Substanz, die soziale Situation verbessern kann, aber bei einer Minderheit der Nutzer auch zu Abhängigkeit und im schlimmsten Fall auch zu Depressionen und solchen Störungen führen kann. Ein spannender Vergleich. Ja. Also warum können soziale Medien die psychische Gesundheit von Teenagern auf diese Weise beeinflussen, kann man sich ja fragen. Und da gibt es halt viele Erklärungen, nicht nur eine, aber eine z.B. ist, dass Teenager in diesem Alter, in dem sie sind, insbesondere Mädchen, eben besonders empfindlich auf das Urteil von Freunden, Lehrkräften und der digitalen, ich sag mal Maße reagieren und grundsätzlich einfach vulnerabel sind, so in der Entwicklung. Genau. Ich will an dieser Stelle noch mal zurückkommen auf eine Sache, die Julian Schmitz gesagt hat. Gegen Ende unseres Gesprächs habe ich ihn auch gefragt, wo er denn Forschungslücken sieht. Also wo wissen wir eigentlich zu wenig? Und die Antwort, die fasst, glaube ich, ganz gut zusammen, warum es so viele widersprüchliche Berichte über die Psyche von jungen Menschen gibt. Ja, das, worüber wir gerade auch schon gesprochen haben, z.B. wie ist wirklich die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, von Heranwachsenden in unserem Land? Und das ein Stück weit permanent auch zu erfassen, damit wir auch reagieren können, dass wir, wenn ein Stressor kommt, wie z.b. eine Pandemie oder auch neue gesellschaftliche Herausforderungen, die, keine Ahnung, sorgen, auch vor der Zukunftsperspektive, Wohnungsmangel und so weiter. Also dass man do auch frühzeitig politisch nachsteuern kann. Da wünsche ich mir, dass wir so ein nationales Monitoring für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen haben. Eben auch aus dem Wissen, dass der Grundstein für ein psychisch gesundes Leben bei Kindern und Jugendlichen gelegt wird. Okay, was steht jetzt unterm Strich? Also für mich nehme ich mit, alles ist viel komplizierter, als es oft dargestellt wird. Das kann man, glaube ich, mit Sicherheit sagen. Die Medienberichterstattung, die wird dem Thema absolut nicht gerecht. Und in manchen Fällen, das haben wir vorhin gesehen an den Schlagzeilen, stellt sie das Thema eigentlich auch in einem falschen Lichter. Und ganzichtig die Daten geben offensichtlich nicht immer das her, wonach es auf ersten Blick aussieht. Da müssen wir noch ein ganz dickes Brett bohren, sowohl was die Datenerhebung angeht, als auch die Interpretation und schließlich die Konsequenzen, die wir als Politik und Gesellschaft dann daraus ziehen. Maja, erinnerst du dich noch an den Kids the Stays Effect aus der anderen Folge? Ja, erinnere ich mich. Nicht nur, weil dieser Effekt so einen schönen Namen hat. Das war das. Warte mal, jetzt muss ich. Ich. Forschende haben rausbekommen, dass wenn Erwachsenen belesen sein sehr wichtig ist oder sie selbst belesen sind, dass die dann eher denken, dass die Jugend von heute nicht so sehr belesen ist. Genau. Und wenn die besonders intelligent sind, dann glauben die, die Jugendlichen von heute, die sinddwie nicht mehr so intelligent. Besonders dum. Genau. Und da gab es dann, warte mal, einen dritten Punkt gab es. Respekt. Ja, okay. Wenn Erwachsenen Respekt besonders wichtig ist, haben sie eher das Gefühl, dass die Jugend von heute richtig respektlos ist. Super, super spannend. Der Kids TH Stays Effekt. Ich habe aber eine Sache zu diesem Effekt noch nicht erwähnt, aber die ist wichtig. Da bin ich gespannt. Die Ergebnisse, die deuten nämlich darauf hin, dass Erwachsene keinen konstanten Generationenverfall wahrnehmen. Also sie glauben nicht, dass wir als Kinder schlechter waren als die Generation unserer Eltern, die wiederum schlechter war als die Generation ihrer Eltern und so weiter. Stattdessen glaubten sie, dass nur die Kinder von heute, die weisen all diese Defizite auf, von denen immer die Rede ist. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass man sich das immer wieder verdeutlicht. Also wir erkennen Schwächen anderer vor allem in den Bereichen, in denen wir selbst besonders gut sind. Und was man nicht vergessen die eigene Kindheit, die verklärt man einfach enorm. Total. Also das wissen wir ja auch aus der Erinnerungsforschung, dass man sich die eigene Kindheit schöner redet, als sie vielleicht war. Also wenn man denkt, wir, wir waren früher nicht so, das hätten wir uns niemals getraut. Und bei uns, da gab es auch noch nicht so viele psychische Krankheiten. Das sind doch alles verweichlichte Jugendliche. Dann liegt man ziemlich sicher daneben. Und das finde ich, ist eine ziemlich stabile Erkenntnis. Was nimmst du denn persönlich mit? Also ich würde sagen, Statistiken werden sich ändern. Also vielleicht stellt man in den nächsten 10 Jahren fest, dass tatsächlich auch im Langzeittrend in Deutschland immer mehr Kinder und Jugendliche psychisch erkranken. Vielleicht werden die Kinder und Jugendlichen in den nächsten Jahren auch wirklich immer gewalttätiger. Also wir sehen ja jetzt gerade seit den letzten Jahren einen kleinen Anstieg. Vielleicht wird das ja auch im Langzeittrend so sein. Aber zwei Sachen sind super ersten genau hinschauen, ob die bisherigen Daten das wirklich alles so belegen. Und Kinder wachsen nicht abgeschottet vom Rest der Gesellschaft auf. Also wenn sie sich vielleicht anders verhalten als früher, und das kann ja in bestimmten Bereichen auch so kommen, dann weil sich die Gesellschaft insgesamt auch verändert. Und ich glaube, zusammenfassend würde ich immer noch the kids are alriight. Ben Freiwit, danke, dass du uns deine Recherche mitgebracht hast. Sehr gerne. Und all das, worüber wir heute gesprochen haben, das packen wir in die Shownotes. Das heißt, wer noch weiterlesen will und noch was nachgucken möchte, nur zu. Ich danke den Menschen hinter den Kulissen, die die Folge heute möglich gemacht haben. Das sind Corinna Hennig, Lisa Krumme und Jakob Böttner. Die nächste Folge gibt es dann am Freitag in zwei Wochen. Mein Name ist Mayja Bachtjarrevic, ich freue mich aufs nächste Mal. Bis dahin, tschüs. Synapsen, ein Wissenschafts Poddcast von NDR Info. Das Schul und Bildungssystem braucht dringend ein System. Udate, KI Krise, soziale Ungerechtigkeit und darüber hinaus rechnen Bildungsforscher bis 2005 und dreiig mit fehlenden Lehrkräften in Deutschland. Um es kurz zu Die Schule brennt. Ich bin Bob Blume, Lehrer und Bildungsinluencer. Um zu verstehen, welche Brände gelöscht werden müssen, spreche ich im SWR Podcast Die Schule brennt mit Expert innen. Gemeinsam versuchen wir, diese Bildungsmisere aus verschiedenen Perspektiven und Fachrichtungen zu beleuchten. Wo besteht akuter Handlungsbedarf, welche Hindernisse gibt es? Und was braucht es konkret, um diese zu beheben? Das alles im Podcast Die Schule brennt auf SWR Wissen de, in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.
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(112) Zukunft rechts? Junge Menschen und die AfD
Veröffentlicht am: 08.11.2024
Zusammenfassung lesenDie Jugend wählt und denkt rechter. Das gilt spätestens seit den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Ländern. Aber stimmt das? Im Gespräch mit Host Maja Bahtijarević untersucht Sebastian Friedrich, was junge Menschen dazu bewegt, ihre Stimme der AfD zu geben und warum deren Botschaften gerade in Autoritätskonflikten verfangen können. Gesprochen hat er dazu unter anderen mit Forscherinnen und Forschern aus Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaften und der Einstellungsforschung. Er erk...
Die Jugend wählt und denkt rechter. Das gilt spätestens seit den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Ländern. Aber stimmt das? Im Gespräch mit Host Maja Bahtijarević untersucht Sebastian Friedrich, was junge Menschen dazu bewegt, ihre Stimme der AfD zu geben und warum deren Botschaften gerade in Autoritätskonflikten verfangen können. Gesprochen hat er dazu unter anderen mit Forscherinnen und Forschern aus Soziologie, Psychologie, Politikwissenschaften und der Einstellungsforschung. Er erklärt, was all das mit unserem Wirtschaftsmodell zu tun hat, welchen Anteil Tiktok am Erfolg der AfD hat und wie sich die Krise der Männlichkeit auch an der Wahlurne auswirkt. Außerdem geht es darum, warum es so wichtig ist, zu begreifen, welche Faktoren Rechtsextremismus begünstigen. HINTERGRUNDINFORMATIONEN Andreas Zick und Nico Mokros (2023): Rechtsextreme Einstellungen in der Mitte https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2023 Ansgar Hudde (2023): Seven Decades of Gender Differences in German Voting Behavior https://link.springer.com/article/10.1007/s11577-023-00904-4 Bertelsmann Stiftung (2024): Willkommenskultur in Krisenzeiten https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/willkommenskultur-in-krisenzeiten Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2024): Einsamkeitsbarometer 2024 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/einsamkeitsbarometer-2024-237576. Fiona Kalkstein (2024): Zur sozialpsychologischen Perspektive auf antidemokratische Tendenzen https://efbi.de/details/demokratie-in-sachsen-2023.html Floris Biskamp (2023): A societal shift to the right or the political mobilisation of a shrinking minority: Explaining rise and radicalisation of the AfD in Germany https://www.researchgate.net/publication/375804535_A_societal_shift_to_the_right_or_the_political_mobilisation_of_a_shrinking_minority_Explaining_rise_and_radicalisation_of_the_AfD_in_Germany Marc Calmbach, Bodo Flaig u.a. (2024): SINUS-Jugendstudie 2024 https://www.sinus-institut.de/media-center/studien/wie-ticken-jugendliche-2024 Marcel Fratzscher (2024): Warum die AfD bei jungen Männern so gut ankommt https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-09/junge-waehler-wahlverhalten-maenner-frauen-rechtsruck Oliver Decker, Johannes Kiess, Ayline Heller, Julia Schuler und Elmar Brähler (2022): Die Leipziger Autoritarismus Studie 2022 https://www.boell.de/sites/default/files/2022-11/decker-kiess-heller-braehler-2022-leipziger-autoritarismus-studie-autoritaere-dynamiken-in-unsicheren-zeiten_0.pdf Potsdam Socialmedia Monitor (2024): AfD dominiert TikTok im Vorfeld der ostdeutschen Landtagswahlen https://psmm.info/press-release-de Mehr Hintergrund zu dieser Folge: https://www.ndr.de/nachrichten/info/podcastsynapsen404.html Wissenschaft bei NDR Info: https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/wissenschaft-und-bildung/index.html
ARD. Die stärkste Partei bei den u Jugendlichen in Thüringen ist die AfD. Also geb mir die Jugend noch nicht verloren. Die Jugend hat noch Hoffnung und wird uns noch Hoffnung machen. Da wo Geschlechterrolllen und die traditionelle Männlichkeit am stärksten hinterfragt wird, do dort taucht der Ruf nach einer starken traditionellen Männlichkeit wieder auf. Das ist glaube ich, ein ganz, ganz entscheidender Punkt, dass für Teile der jungen Generation die Jugend ausgefallen ist. Und Jugend kann man nicht nachholen. Seit etwa einem halben Jahr wird viel diskutiert, ob die Jugendrechter denkt und Rechter wählt. Studien legen nahe, die Ergebnisse der Landtagswahlen in drei ostdeutschen Ländern legens nahe. Und was jetzt laut wird, ist die Debatte darüber, warum das so ist. Wer trägt Schuld? Was ist eigentlich los mit den jungen Menschen? Bloß stimmt das überhaupt? Schlagen junge Menschen wirklich so krass nach rechts aus? Da gucken wir heute aus wissenschaftlicher Sicht drauf. Wir geben euch in dieser Folge einen komprimierten Einblick darüber, ##phase ist und am Ende überlegen wir, wie wir als Gesellschaft damit umgehen können. Synapsen, ein Wissenschafts Poddcast von NDR Info. Mein Name ist Mayja Bajarrevic, schön, dass ihr wieder dabei seid bei Synapsen. Alle zwei Wochen gibt es freitags eine neue Folge in der ARD Audiothek und überall, wo ihr Podcasts hört. Bei mir ist heute mein Kollege Sebastian Friedrich. Moin moin. Hi Mer. Sebastian, du hast das Thema schon sehr lange auf dem Tisch. Seit wann genau? Also ich beschäftige mich seit doch jetzt mehr als 20 Jahren mit dem Thema. Zuerst als Jugendlicher, tatsächlich auch ein Stück weit aus Selbstschutz, weil dort wo ich aufgewachsen bin, gab es relativ viele rechte Skinheads und auch Neonazis. Und naja, ich hatte mit denen relativ viele Konflikte und wollte wissen, warum denken die so und was denken die eigentlich genau. Ich bin dann irgendwann älter geworden, weggezogen und hatte dieses konkrete Problem im Alltag nicht mehr, aber habe mich weiter mit diesem Thema befasst und da aber vor allem mit dem Graubereich zwischen Rechtsextremismus und der sogenannten Mitte der Gesellschaft, also parteienmässig irgendwas zwischen NPD und CDU. Das war dann so um die Jahre 2007 2008. Und dann hat mich sehr geprägt eine Debatte um das Buch Deutschland schafft sich ab von Thilo Sarrazin, die sogenannte Sarrazin Debatte. Da habe ich dann 2011 auch meinen ersten wissenschaftlichen Sammelband zu raausgebracht. Und diese Debatte war für mich so prägend und ich glaube auch für den gesellschaftlichen Diskurs, weil damals immer deutlicher wurde, dass sich am politischen Spektrum rechts etwas bewegt, irgendwas in Bewegung kommt und irgendwas, was sich auslöst aus CDU, FDP und im Falle Sarrazins auch aus der SPD. Und folgerichtig habe ich mich dann auch seit Gründung mit der AfD 2013 mit dieser Partei beschäftigt. Hast du dich auch mit dem Zusammenhang von Rechtsextremismus und Jugend befasst? Also als Jugendlicher auf jeden Fall, später dann eher punktuell, weil es mir in erster Linie um rechtsextreme Ideengeschichte ging und auch darum, gesellschaftliche Ursachen für das Erstarken von Rechtsextremismus zu analysieren. Der Zusammenhang von Rechtsextremismus und Jugend blooppt jetzt aber bei mir die letzten Monate wieder auf, weil es gab da eine Studie und ich habe das zusammen mit meinem Kollegen Nils Schniedderjan mir genauer angeguckt und verfolgt das jetzt seit ein paar Monaten noch mal ein bisschen intensiver. Die trendstudie Jugend in Deutschland 2024. Genau, die ist im April rausgekommen und sorgte für relativ viel Aufregung, gab viele Medienberichte, denn laut der Studie war die AfD mit 22 % die beliebteste Partei bei 14 bis neun Jährigen. Zum Vergleich zu zwei Jahre zuvor kam dieselbe Studie auf das Ergebnis, dass die AfD nur bei 9 % landete, also weit hinter Linkspartei, CDU CSU, SPD, FDP und den Grünen. Also ein gewaltiger Sprung innerhalb von zwei Jahren von neun auf 22. %. Diese Studie wurde dann entsprechend eben breit rezipiert und man kann sagen, dass seitdem dieses Thema viel diskutiert wird, sowohl in den Medien als auch in der Rechtsextremismusforschung, also dem interdisziplinären Forschungsfeld, das verschiedene Wissenschaftsbereiche wie Politikwissenschaft, Soziologie, Sozialpsychologie umfasst. Okay, die Studie zeigt, dass bei vielen jüngeren Menschen die AfD als attraktivste Partei gilt. Du hast dir ja aber nicht nur diese Studie angeguckt, sondern das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht. Ich frage mal einfach konkret und sehr stimmt es denn, dass die Jugend immer rechter wird? Also die Jugend wird sicher nicht viel rechter, weil die Jugend wählt ja nicht komplett die AfD. Wir reden ja von 22, %. Dem stehen 78 % gegenüber, die nicht die AfD wählen würden. Und hinzu kommen noch diejenigen, die dieser Studie angegeben haben, nicht wählen zu wollen oder auch gar nicht wissen, wen sie wählen. Also wir haben es hier mit einer kleineren Gruppe zu tun. Und man muss auch dazu sagen, dass es an dieser Studie relativ viel Kritik gab, vor allem an der Methodik. Warum? Für die Studie wurden zwischen Januar und Feb. 2024 ungefähr zwei taused Leute im Alter zwischen 14 und 29 Jahren befragt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich von sich aus bereit erklärt, an Online Studien des Forschungsinstituts teilzunehmen. Aber unter den Meinungsforscherinnen und Meinungsforschern umstritten, ob diese sogenannten Online Access Panels, also diese man meldet sich freiwillig für eine Studie, ob das wirklich eine sinnvolle Grundlage ist, weil das Argument ist bhzw. Die Kritik lautet, dass AfD Anhänger im Netz aktiver sind als Sympathisanten anderer Parteien. Genau. Und deshalb können afd Anhänger, so die Vermutung, in diesen Online Panels überrepräsentiert sein. Und durch diese Verzerrung sind dann auch die Befragten überdurchschnittlich häufig Anhänger der AfD, so die Kritik. Okay, das heißt, die Studie sollte man mit Vorsicht lesen, aber grundsätzlich steht ja, dass dieser Trend bei den jüngsten Landtagswahlen zu sehen ist. Richtig. Also wenn wir mal auf die zurückliegenden Landtagswahlen blicken, sehen wir das also Sachsen, Thüringen, Brandenburg, da fanden Landtagswahlen statt und dann gab es jetzt im Sommer auch die Europawahlen. Bei all diesen Wahlen gibt es ja immer Wahlnachbefragungen, etwa von Infratest dimap, das ist das Meinungsforschungsinstitut, das für die ARD die Nachwahlbefragungen macht, online, Hörfunk, Fernsehen und so weiter. Aber auch die anderen Meinungsforschungsinstitute kommen auf relativ ähnliche Ergebnisse. Also da werden dann einfach Leute direkt nach der Wahl befragt, was haben sie gewählt und die geben dann Auskunft. Genau, also direkt eigentlich nach dem. Also vorm Wahlbüro stehen die in der Regel und machen dann diese Wahlnachbefragungen. Und blicken wir mal auf die letzten Wahlen, also Europawahlen im Jun. 2024. Da lag die AfD bei 16 bis Jährigen bei 16. %. In Thüringen, wo dann am 1. Sep. Gewählt wurde, wurde die AfD mit acht und dreiig % bei den 18 bis jährigen klar stärkste Partei. Etwas ähnlich sah es in Sachsen aus, da wurde am gleichen Tag gewählt. Und dann gab es in Brandenburg ja noch die Landtagswahlen am 22. Sep. Glaube ich, und da wurde auch die AfD stärkste Partei mit ein und dreiig %. Weit abgeschlagen war dann die SPD auf Platz zwei mit 19. %. Ja, genau. Und diese Zahlen, die weisen erst mal in eine klare Richtung. Ja, aber die AfD ist ja insgesamt relativ stark geworden. Also bei allen Wahlen, die ich jetzt genannt habe, hat die AfD hinzugeonnen. Und bei fast allen Wahlen, die jetzt auch genannt wurden, war die AfD unter den jungen Wählerinnen und Wählern ungefähr so stark wie im Gesamten. Also da ist jetzt erst mal gar keine große Differenz zwischen dem Ergebnis bei den Jungwählerinnen und Jungwählern zu dem Ergebnis bei allen Altersgruppen. Also ist die ganze Aufregung um die Jugend, die rechtsfeht, übertrieben? Ein Stück weit würde ich sagen, ja. Zumal es einen sehr starken Fokus gerade in der aktuellen Debatte auf die jungen Wähler gibt. Und wir haben es ja mit einer relativ kleinen Gruppe zu tun. Und der typische afd Wähler ist anders. Also der typische afd Wähler ist nicht jung, 18 Jahre alt und wohnt in Thüringen. Wer der typische afd Wähler ist, erklärt Fiona Kalkstein. Sie ist Sozialpsychologin vom Else Freänkel Brunsig Institut in Leipzig. Die afd Wähler sind in der Tendenz männlich, sie sind mittelalt, also es ist nicht die junge Wählerinnenschaft, die zentral angesprochen wird, sondern eben die Altersgruppe zwischen dreiig und 60. Sie haben eine mittlere Bildung, es sind viele Facharbeiterinnen und Angestelllte. Um das noch mal ein bisschen konkreter zu junge Wählerinnen und Wähler machen in absoluten Zahlen nur einen sehr, sehr kleinen Teil der afd Wählerschaft insgesamt aus. Nicht nur, aber eben vor allem auch in Bundesländern wie Thüringen. Also Bundesländer im Osten, ausgenommen jetzt mal Berlin, die sind ja stark überaltert und von Abwanderung geprägt. Hast du da zahlen? Nehmen wir mal Thüringen, also ein relativ altes Bundesland, also was die Bevölkerungsstruktur angeht. Der Anteil der Erstwähler ist unter allen Wahlberechtigten ungefähr 5. %. Also nur jeder 20. Wahlberechtigt in Thüringen ist Erstfehler. Wenn wir jetzt noch die Gruppe der 22 bis 29 jährigen hinzunehmen, kommen wir auf insgesamt, also von Erstwählern bis Jährigen auf etwas über 10. %. Also nur etwa einer von 10 Wahlberechtigten in Thüringen ist überhaupt unter dreiig Jahre. Wenn wir jetzt noch mit einbeziehen, dass in der Regel die Wahlbeteiligung bei jüngeren geringer ist als bei mittleren oder älteren Altersgruppen, relativiert sich der Anteil der jüngeren Wählergruppen nochmal. Okay, das heißt, es gibt gar nicht so viele junge Menschen in Thüringen. Davon gehen nicht alle zur Wahl, aber die, die gehen, die haben eine starke Tendenz, recht zu wählen. Insgesamt wird das Thema medial also etwas verstärkt. Warum befassen wir uns trotzdem damit? Also nach all diesen notwendigen Differenzierungen und Einschränkungen, die wir jetzt hier vorgenommen haben, finde ich es trotzdem ein wichtiges Thema und auch ein wichtiges Thema, um hier eine Folge Synapsen dazu zu machen. Und das aus zwei Gründen. Erstens, junge Wählerinnen und Wähler repräsentieren die kommenden Generationen. Also sie geben auch einen Hinweis darauf, wie die politische Landschaft in Zukunft aussehen könnte. Dass die AfD bei den Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen nicht noch viel stärker abgeschnitten hat, liegt vor allem daran, dass es Rentner gibt. Denn da hat die AfD die schwächste Bindung und die anderen Parteien auch die stärkste Bindung. Also da kommen teilweise CDU und SPD auf 40 50 %, je nach Bundesland. Und würden jetzt die Leute in 10 oder sagen wir mal 20 Jahren genauso abstimmen wie aktuell minus die 10 bis 20 Jahre Altersgruppen, die dann vielleicht verstorben sind, dann kann die AfD sich eigentlich Chancen ausrechnen, auch eine absolu Mehrheit in diesen Bundesländern zu bekommen. Und Der andere Grund, der zweite Grund ist, dass die Zustimmung bei jungen Erwachsenen überproportional gestiegen ist. Also seit 2013, seitdem es die AfD gibt, schnitt die Partei bei den jüngsten Wählergruppen, bis auf jetzt mal weniger Ausnahmen, eigentlich immer unterdurchschnittlich ab. Seit den genannten Wahlen und auch seit den Wahlen im letzten Herbst hat sich das gewandelt. Also die AfD konnte zwar überall hinzugewinnen, aber relativ gesehen konnte sie am stärksten Zugewinn bei den Jungwählerinnen und Jungwählern. Okay, dann fassen wir mal die AfD hat bei den Jüngeren stark zugelegt, wenn man sich die Wahl Nachbefragungen der letzten Landtagswahlen und der Europawahl anguckt. Dennoch ist es falsch, von einem Jugendphänomen zu sprechen, weil die AfD in allen Altersklassen zugelegt hat. Genau, man muss schon einschränken. Aber in der Gesamtschau zeigt sich eben auch, die AfD wird stärker bei jungen Erwachsenen. Und vieles deutet darauf hin, dass sie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den vergangen zwei Jahren sogar überproportional zugelegt hat. Kommen wir mal zu den Gründen. Was macht die AfD für junge Menschen attraktiv? Im Zuge dieser ganzen Mediena Auseinandersetzung zu dem Thema ist das jetzt auch in der Rechtsextremismusforschung ein relativ großes Thema geworden. Da das aber jetzt eine relativ neue Entwicklung ist, dass die AfD vor allem bei Jungen so stark zulegt, liegen jetzt noch nicht so viele aussagekräftige empirische Studien vor. Also man weiß eigentlich gar nicht so viel. Ja, aber wir haben es hier mit einem Forschungsbereich zu tun, der seit vielen Jahren sich mit der Jugend auseinandersetzt. Und deshalb ist es schon möglich, dass wir plausible und vermutlich auch in der Empirie relativ tragfähige Hypothesen aufstellen können. Und ich habe mich zum Teil gemeinsam mit meinem Kollegen Nils Niederja dazu mit Forscherinnen und Forschern aus sehr unterschiedlichen Disziplinen unterhalten, also aus der Psychologie, aus der Politikwissenschaft, aus der Soziologie, z.B. mit Floris Biskamp, der ist Soziologe und Politikwissenschaftler an der Universität Tübingen. Die wichtigste Ursache dafür, dass die AfD bei jungen Menschen stärker wird, sehe ich darin, dass die AfD insgesamt stärker wird. Und deswegen würde ich erstmal davon ausgehen, dass man, bevor man in die besonderen Ursachen geht, die es bei jungen Menschen geben könnte, erst einmal im Blick behält, dass es die allgemeinen Ursachen sind. Und die sind im wesentlichen, dass eine große Unzufriedenheit in anderen Parteien herrscht, dass Migration zu dem großen Thema der letzten anderthalb Jahre noch einmal geworden ist und dass viele Leute die Migrationspolitik restriktiver haben wollen. Das sind die grundsätzlichen Gründe, warum die AfD stärker wird. Und das wird auch bei jungen Menschen die größte Grundlage sein. Okay, das heißt, die Gründe, warum die AfD grundsätzlich bei allen Altersgruppen mehr Stimmen bekommen hat, dürften auch die Gründe dafür sein, warum die Partei bei jungen Erwachsenen besser punktet? Ja, ist ein ganz wichtiger Punkt, der jetzt eigentlich schon klar wurde, aber ich möcht den trotzdem noch mal betonen. Die AfD stand im Frühjahr 2022 in bundesweiten Umfragen noch ungefähr bei 10 % und heute ist ja bei 17 bis 19. %. Zwischenzeitlich war sie ja schon mal bei 22 23. %. Also innerhalb von einem sehr kurzen Zeitraum ist die Zustimmung stark angestiegen. Und wie wir jetzt ja auch wissen, vor allem auch bei jungen Erwachsenen. Und deswegen ist es erstmal wichtig, sich klarzumachen, dass die allgemeinen Ursachen für den Aufstieg der AfD in den letzten zwei Jahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch Ursachen sind, die junge Menschen betreffen. Aber jetzt weiß man aus der Einstellungsforschung, also aus diesem Wissenschaftszweig, weiß man doch, dass das Wählerpotenzial für eine Partei rechts der etablierten Parteien immer vorhanden war. Also je nach Studie geht man seit Jahrzehnten davon aus, dass etwa zwischen 10 % und 1/4 der Gesellschaft mehr oder weniger weit rechts steht. Also lass uns mal genauer hinschauen, was sich gewandelt hat, sowohl für junge Menschen als auch für die anderen Altersgruppen. Interessant ist, dass sich diese Rechten Einstellungen, die es ja offenbar schon immer gab, jetzt anders kanalisieren. Also dass Menschen dann auch ihre Wahlentscheidung stärker nach ihrer Einstellung ausrichten. Fiona kalkstein kommt hier auf den Begriff der Gelegenheiten. Wir haben sie vorhin schon mal gehört, als es um den typischen AfD Wähler ging. Fiona Kalkstein ist stellvertretende Direktorin des Else Frekel Brunswick Instituts, also an der Universität Leipzig, dass dieser berühmten Autoritarismus Studien eben regelmäßig macht. Und sie sagt, die Umstände, lokale Begebenheiten, Infrastrukturen und ja auch so ein persönliches Umfeld sind entscheidend dafür, wie ich bestimmte Einstellungen, die ich habe, auch politisch ausdrücke. Man spricht in der Sozialwissenschaft auch von politischem Milieu oder Gelegenheitsstrukturen. Das heißt, wenn ich irgendwo in einer Gemeinde wohne oder einen Freundeskreis habe oder einer Region bin, wo es eh schon völlig normal ist, die AfD zu wählen, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch höher, dass ich auch bei der AfD mein Kreuz mache, weil sie bestimmte Bedürfnisse, bestimmte autoritäre Bedürfnisse einfach anbietet zu befriedigen. Wenn es weniger normal ist, dann kann das sein, dass ich eher die CDU wähle oder die SPD wähle oder vielleicht auch gar nicht wähle und ich habe mir noch mal die Daten von 2010 angeschaut, als es die AfD nicht gab, aber rechtsextreme Einstellungen trotzdem vorhanden waren. Wie war das dort? Und da kann man sehr gut sehen, dass Menschen mit rechtsextremer Einstellungen zum großen Teil CDU gewählt haben, vor allen DIN im Osten CDU gewählt haben und nicht rechtsextreme Parteien, dicht gefolgt von der SPD. Und dann kam erstmal lange nicht und dann kam die Nichtwähler. Also bis es die AfD gab, haben Menschen mit rechtsextremen Einstellungen andere Parteien gewählt oder eben gar nicht gewählt. Also kann man sich doch fragen, was wäre gewesen, wenn es die AfD früher schon gegeben hätte? Wären die Ergebnisse und der Zuspruch bei jungen Wählerinnen und WLAN vielleicht sogar vergleichbar gewesen? Vermutlich ja. Interessant ist hier ein Blick auf die NPD, die ja in den Nullerjahren schon mal in einigen ostdeutschen Bundesländern relativ stark war. Beispiel Sachsen 2004. Hier zog die NPD zum ersten Mal nach Jahrzehnten wieder in den Landtag ein, hat 9,2 % geholt und war bei den 18 bis Jährigen durchschnittlich sogar doppelt so stark, hatte 18 % laut Nachwahlbefragungen. Ähnliches Bild gab es dann auch 2009 bei den nächsten Landtagswahlen in Sachsen und auch 2006 in Mecklenburg Vorpommern. Da konnte die NPD auch bei Erst und Jungwählern besonders stark punkten. Also noch überproportional stärker als jetzt die AfD sogar. Aber kommen wir nun mal zu den spezifischen Gründen, also jenen möglichen Ursachen für das Erstarken der Rechten, die vor allem Jugendliche betreffen. Was gibt es denn da? Ja, die Jugend, wir können uns vielleicht noch ein bisschen beide auch daran erinnern, ist ja doch ein interessanter, aufregender, aber auch ein relativ komplizierter Lebensabschnitt. Und gerade hier seien Jugendliche besonders ansprechbar für autoritäre Politik, sagt Fiona Kalkstein, die übrigens Sozialpsychologin ist. Das ist gar nicht so ungewöhnlich, dass junge Menschen sich auch angesprochen fühlen von autoritäre Agitation. Das hat einfach was damit zu tun, dass gerade die Jugend und das junge Erwachsenenalter, das ist auch geprägt von Autoritätskonflikten. Man löst sich von den Eltern ab. Es geht viel um Autorität versus Individualität oder Autonomie. Da ist man schon durchaus auch ansprechbar für Agitation, die einem erlaubt, auch diese ungelösten Konflikte, ich sag mal, auszuagieren. Agitation? Was meint sie damit genau? Agitation meint hier die gezielte politische Beeinflussung, also durch Reden, Schriften, Videoclips. Man könnte es auch Propaganda nennen. Also die langfristige Etablierung von einer bestimmten Weltanschauung. Und das, was Fiona Kalkstein hier eine autoritäre Agitation nennt, verstehe ich als Ideologien, Bewegungen, Parteien, die klar Hierarchien, Konvention und auch Gehorsam betonen. Also für all das können, wie wir gerade gehört haben, Jugendliche und junge Erwachsene eben auch anfälliger sein, weil sie sich sowieso in Konflikt mit anderen Autoritäten befinden und sich auch an diesen Messen ah Eltern, Lehrerinnen, Lehrer, Vorgesetzter. Und was meint Fiona Kalkstein, wenn sie von Autoritätskonflikten spricht? Also inwiefern stehen die im Zusammenhang mit autoritären Einstellungen? Ja, diesen Gedanken hat sie auch noch mal extra ausgeführt. Was generell anfällig macht für autoritäre Einstellungen sind Autoritätskonflikte, also ein konflikthaftes Verhältnis zu Autoritäten. Einerseits eine Sehnsucht danach, nach einer starken Autorität, die einen unterstützt, die einen vielleicht auch führt, mit der man sich aber auch identifizieren kann, die einem selbst auch hilft, sich vielleicht größer und stärker zu fühlen durch die Identifikation. Und gleichzeitig aber auch eine Aggression gegenüber dieser Autorität, eine unterdrückte Aggression, weil man sich natürlich auch unterwirft und unterwerfen muss und dadurch auch bestimmte Bedürfnisse abspalten muss. Das hat immer auch eine unangenehme Seite. Diese Aggression wird aber nicht gegenüber der Autorität aussagiert. Man tritt nicht in Konflikt mit der Autorität, weil es zu bedrohlich ist. Und die muss irgendwo hin, diese Aggression. Und die richtet sich dann in der autoritären Lösung dieses Konflikts, richtet sie sich dann oft gegen schwächere oderweweichlerinnen. Ist das nur bei Jugendlichen so? Nein, das gilt für alle Menschen, auch für uns. Also jeder und jede hat ständig solche Autoritätskonflikte, sagt die Sozialpsychologie. Entscheidend ist, ob wir auch einen Umgang damit finden oder ob wirben versuchen, die Konflikte, die wir haben, autoritär zu lösen, auch wenn es uns alle betrifft. Jugendliche und junge Erwachsene seien doch in einem speziellen Maße betroffen von diesen Autoritätskonflikten, sagt Kalkstein. Es müssen viele Lebensentscheidungen getroffen werden. Man beginnt vielleicht gerade mit der Ausbildung, hat vielleicht auch im Betrieb beispielsweise bestimmte Autoritätskonflikte, muss sich da einordnen, unterordnen. Man hat vielleicht noch mal Konflikte auch mit den eigenen Eltern, mit der Peerg Group und so weiter und so fort. Also da ist es ganz häufig besonders aktiv, gerade dieser Konflikt und vielleicht auch besonders anstrengend, ihn gerade zu lösen. Und da ist so ein Angebot, das konflikthafte nicht auszuhalten, sondern es einseitig zu lösen. Das kann dann besonders attraktiv sein. Ein Ort, an dem rechtsextreme Agitation, also diese gezielte politische Beeinflussung stark verbreitet ist, ist Social Media. Und im Zuge der Debatte um die Stärke der AfD bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht es zumindest in den Medienbeiträgen fast immer um TikTok. Wie groß ist der Einfluss? Ja, das ist in der Tat ein riesiges Thema, das auch seit einiger Zeit sowohl in der Wissenschaft als auch, du ha es gerade schon gesagt, in den Medien sehr, sehr breit diskutiert wird. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die AfD in der Tat sehr präsent in sozialen Medien ist, etwa bei TikTok. Ein sehr erfolgreiches TikTok Video der AfD stammt von Maximilian Kra er war Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl. Und ich habe den Clip hier mal mitgebracht. Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freunde, du gehörst dazu. Schau keine Pornos, wähl nicht die Grünen, geh raus an die frische Luft, steh zu dir, sei selbstbewusst, guck geradeaus und vor allem lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts, echte Männer haben Ideale, echte Männer sind Patrioten. Dann klappt es auch mit dir. Freunde, was heißt hier eigentlich Erfolg auf TikTok? Also wie oft wurde dieser Clip hier aufgerufen? Also dieses Video, 21 s lang, wurde in dem Profil von Maximilian Kra mehr als 1,6 Millionen mal aufgerufen. Hinzu kommen jetzt aber noch die, die das Video in Podcasts, in Audios und so weiter aufgegriffen, gefeiert, gelobt haben oder auch kritisiert, analysiert, auseinandergenommen haben. Also so, wie wir ihn jetzt hier auch aufgreifen sozusagen. Ja, und das ist genau auch Teil der Aufmerksamkeitsökonomie in Social Media im Allgemeinen, aber natürlich auch vor allem bei TikTok. Also ich allein bin wahrscheinlich für ein halbes Dutzend oder ein Dutzend Klicks bei Maximilian Gra verantwortlich, weil ich mir dieses Video natürlich ab und zu angeguckt habe, auch um es dann zu begreifen und analysieren zu können. Und genau das kann die AfD sehr gut. Also sie kann sehr gut die Aufmerksamkeitsökonomie bespielen. Und was heißt das konkret? Also bei TikTok, Instagram, Facebook X, also früher Twitter und Co. Ist Aufmerksamkeit eine knappe und auch eine sehr wertvolle Ressource. Unzählig viele Accounts konkurrieren um Aufmerksamkeit, um Sichtbarkeit, um Reichweite. Die AfD weiß zum einen, wie sie ihre Unterstützer digital mobilisieren kann, aber auch ihre Gegner sozusagen bespielen kann. Beides hilft, um durch Kritik auch möglicherweise im Gespräch zu bleiben, sichtbar zu bleiben und dann eben auch die eigene Reichweite zu erhöhen. Also quasi every publicity is good publicity? Genau, sozusagen. Und Welche konkrete Rolle spielt jetzt TikTok? Dazu gibt es eine aktuelle Studie der Universität Potsdam. Für den Social Media Media Monitor haben die Forscherinnen und Forscher aus Potsdam Nutzerprofile angelegt. Dabei ging es ihnen um TikTok Aktivitäten rund um die Landtagswahlen, die jetzt in Thüringen, Sachsen und Brandenburg stattgefunden haben. Dabei zeigt sich, dass die AfD bei TikTok bei Erstwählerinnen und Erstwählern ungefähr doppelt so viel Erfolg hat wie alle anderen Parteien zusammen. Also um das mal konkret zu wenn du in einem der drei Bundesländer Erstwählerin wärst, keinen politischen Accounts er folgst, also was den Algorithmus angeht, relativ neutral unterwegs bist, ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass dir AfD an Inhalte angezeigt werden als die Inhalte anderer Parteien. Bei der Sichtbarkeit bei Erstwählerinnen und Erstwählern liegt die AfD der Studie zufolge bei 71. %. Auf Platz zwei folgen CDU und das Bündnis Sahrrah Wagenknecht mit jeweils 8. %. Und liegt das vor allem an dem Angebot? Also hat die AfD einfach mehr Accounts und mehr Videos? Also die AfD schon sehr aktiv bei TikTok? Von den dreiig afd Kandidaten, die bei den letzten drei Landtagswahlen auf den jeweils ersten 10 Plätzen der Landesliste waren, hatten 17, also 17 von dreiig, mehr als die Hälfte einen offiziellen TikTok Account. War das viel? Ja. Und bei den anderen Parteien waren es im Durchschnitt nur sieben von dreiigste. Es ist aber nicht nur unbedingt die Maße. Also die AfD produziert, obwohl sie mehr Accounts hat, produziert in etwa so viele Videos wie die anderen Parteien. Offizielle afd Accounts haben dann in den Wochen hier vor den Landtagswahlen etwa 160 Videos produziert und damit ungefähr so viele, wie auch jeweils Grüne und Linke produziert haben. Die SPD war sogar noch aktiver als die AfD und hat mehr als 200 Videos gemacht. Nur die vielen Videos bringen nichts. Die haben trotzdem viel weniger Leute erreicht als die AfD. Aber woran liegt das denn? Ein Grund liegt darin, dass die Inhalte auch von anderen großen, aber nicht offiziellen AfD Accounts geteilt werden, bei denen oft gar nicht klar ist, wer eigentlich wirklich dahinter steckt. Vom Teilen politischer Inhalte anderer Accounts profitiert nicht nur die AfD, heißt es in der Studie, aber die AfD doch in einem besonderen Maße. Denn die Untersuchung ##iG, dass diese Multiplikatoren für die AfD besonders relevant sind. Mehr als 85 % ihrer Sichtbarkeit erreicht die AfD bei TikTok nicht über ihre eigenen offiziellen Kanäle, sondern über inoffizielle Kanäle. Beim BSW Bündnis Sahra Wagenknecht ist es übrigens unhrt. 75 % der Sichtbarkeit geht hier über einen einzigen Account, den von Sahrrah Wagenknechtre. Okay, das heißt, die AfD ist einfach durch viele Unterstützer Accounts sehr sichtbar. Aber inwiefern führt das denn auch dazu, dass die Zustimmung zu Inhalten der AfD zunimmt? Das Ausmaß kann man eigentlich nur sehr schwer einschätzen, sagt Flor Biskamp von der Universität Tübingen. Welche Rolle das genau quantitativ spielt, also wie viel % der Zustimmung, die die AfD bei jungen Leuten jetzt kriegt, auf TikTok zurückzuführen ist, darüber lässt sich nur spekulieren, weil das kann man kaum untersuchen und es gibt entsprechend auch keine Untersuchungen, die das so erheben würden. Dennoch, wenn man die entsprechenden Aufrufzahlen kennt, wenn man die Berichte von jungen Menschen, die befragt werden darüber, was sie dann sehen, wenn sie TikTok aufmachen, kennt, kann man davon ausgehen, dass das ein Faktor ist, dass der Faktor weiter darauf zurückzuführen ist, wie funktioniert der Algorithmus von TikTok und wie hat es die AfD relativ früh geschafft, dort präsent zu sein im Gegensatz zu allen anderen Parteien. Und wie sind die Inhalte der AfD vielleicht auch eher geeignet, in diese Kurzvideoform gegossen zu werden als die Inhalte von anderen Parteien. Dann kann man, glaube ich, davon ausgehen, dass das ein Faktor ist. Wie groß der Faktor ist, kann man nicht wirklich seriös sagen. Floris Biskamp formuliert ja sehr vorsichtig, weil man wirklich viele Sachen einfach noch nicht weiß. Man weiß auch über den Algorithmus relativ wenig. Es ist ja einer der Probleme, dass der so geheim istau. Aber was wir sagen können, ist, dass der TikTok Algorithmus sehr wahrscheinlich der AfD in die Karten spielt. Also so scheinen besonders emotionalisierte Clips gut zu funktionieren. Und die AfD hat es, das hat auch Florores Biskam gerade schon angedeutet, früh verstanden, auf TikTok präsent zu sein, während die anderen Parteien diese Plattform lange vernachlässigt haben. Und TikTok pusht Clips, die ohnehin schon gut laufen. Lässt sich so dann auch das ganze Thema TikTok bezogen auf die AfD zusammenfassen? Ich denke schon. Also TikTok scheint sicherlich ein Verstärker für die AfD zu sein. Ich möchte aber davor warnen, sich zu sehr auf TikTok zu konzentrieren. Der Rechtsextremismus in Deutschland wird vermutlich bevorteilt von der Art und Weise der Kommunikation, der Propaganda, Social Media und auch der kurzen Nachrichten, der Emotionalisierungen. Er hat aber dort nicht die zentrale Ursache. Dann lass uns mal weitergehen von der Technologie weg, also von der Form der Agitation und von TikTok, und uns mit dem Inhalt auseinandersetzen. Den TikTok Clip von Maximilian Gra, den wir gerade gehört haben, da geht es ja um Männlichkeit. Also echte Männer sind rechts in Anführungsstrichen. Welche Rolle spielt Geschlecht bei dem Thema? Ja, eine große das gilt zunächst einmal für alle afd Wähler, denn grundsätzlich ist die AfD erfolgreicher bei Männern als bei Frauen. Dazu auch noch mal Zahlen von Nachwahlbefragungen zur Die AfD kam bei den Europawahlen insgesamt auf 15,9. %. Bei Männern war sie deutlich stärker, kamen dort auf 19 %, bei Frauen zum Vergleich nur auf 12. %. Also es gibt hier eine auffällige Diskrepanz. Deswegen sollten wir uns das Thema noch mal genauer angucken. Und das machen wir mit Juliane Langen. Sie arbeitet an der Universität Gießen und beschäftigt sich mit Geschlechterverhältnissen und der extremen Rechten. Für sie war dieses Ergebnis bei den Europawahlen erstmal erwartbar. Es ist ein Phänomen, was wir seit den er Jahren haben, das 1/3 der für Rechtepar Parteien abgegebenen Stimmen von Frauen stammen und 2/3 von Männern. Und da können wir uns jede Landtagswahl heute anschauen. Da können wir uns die Bundestagswahl und jetzt auch jüngst die Nachwahlbefragungen zur Europawahl anschauen. Auch dort finden wir mit Blick auf die für die AfD abgegebenen Stimmen das Verhältnis 1/3 2/3 von Frauen zu Männern. Und gerade bei männlichen Jugendlichen scheint sich hier etwas zu bewegen. Darauf deutet auch die gerade erschienene Shell Jugendstudie hin, nach der der Anteil männlicher Jugendliche, die sich selbst rechtsverorten, angestiegen ist, jeder vierte 25 % gibt an, sich politisch rechts oder eher rechts einzuordnen. Zum als die Shell Jugendstudie zum letzten Mal herausgekommen ist, nämlich vor fünf Jahren, stuften sich nur 16 % als rechts oder eher rechts ein. Also schon ein starker Unterschied. Interessant ist auch, dass bei den weiblichen Jugendlichen sich selbst nur 11 % als rechts oder eher rechtse einstufen. Und das ist ungefähr der Wert von vor fünf Jahren. Also vor allem bei den männlichen Jugendlichen scheint sich etwas zu bewegen. Und dabei gelten Jugendliche oft ja eher als offen und liberal und eher links. Hier zeigt sich eine ganz interessante Entwicklung. Dazu noch mal eine Studie, kurz um zu sortieren. Wir haben jetzt hier verschiedene Studien. Gerade habe ich die Shell Jugendstudie genannt, die alle fünf Jahre rauskommt. Vorhin haben wir schon über die Trend Jugugendstudie gesprochen, die jedes Jahr rauskommt und nach der in diesem Jahr 22 % der Jugendlichen die AfD wählen wollen. Mitte Juni kam aber noch eine andere Jugendstudie raus, die auch regelmäßig rauskommt, und zwar die Sinus Jugendstudie. Alle vier Jahre werden hier die Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren untersucht. Und da kam unter anderem herus, dass, wie es heißt jetzt Zitat aus der Studi, immer deutlicher nicht nur die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Kulturen als gewünschte Selbstverständlichkeit betont wird, sondern auch die Akzeptanz pluralisierter Lebensformen und Rollenbilder. Also Diversität spielt eine große Rolle. Ja, explizit heißt es in der Sinus Jugendstudie, dass gegenüber den Vorgängerstudien neu sei, dass die Jugendlichen besonders bei der Gen Thematik, auch wenn es um LGBTIQ Rechte und so weiter geht, stark sensibilisiert sind. Dazu nochmal ein Die meisten Befragten zeigen sich demonstrativ offen dafür, wenn vor allem junge Menschen ihre Geschlechtsidentität als nicht binär beschreiben. Aber das passt doch eigentlich gar nicht zusammen, weil einerseits scheint es eine Tendenz zu geben, dass Rechte nun erfolgreicher sind bei Jugendlichen als zuvor. Und dann heißt es in der Sinus Studie andererseits, die Jugend sei offener als zuvor. Also ja, das ist ein Widerspruch und ein interessanter Widerspruch. Genau da wird es, glaube ich, gesellschaftsanalytisch richtig spannend. Wenn man da mal genauer hinguckt, sieht man, dass es einen Zusammenhang zwischen beiden Entwicklungen gibt. Und dazu sagt Jule Lang, die Politikwissenschaftlerin Übrigens, ist wir haben es, das zeigt auch die Sinuss Studie, die jetzt gerade im Juni erneut veröffentlicht wurde, mit einer jungen Generation zu tun, für die eine gender queernnes, für die eine Selbstverständlichkeit von vielfältigen Lebensformen eben so präsent ist wie keiner Generation zuvor. Und das sorgt bei ganz vielen für neue Möglichkeiten und sorgt aber auch bei anderen für eine Verunsicherung. Und genau diese Verunsicherung versucht die AfD mit einem offen queerfeindlichen Wahlkampf abzurufen. Leider wird in den Nachwahlbefragen relativ wenig darauf eingegangen, inwieweit das tatsächlich auch ein Motiv ist, rechte Parteien zu wählen, oder ob das nur etwas ist, was unter ferner liefen sich abspielt. Das heißt, hier können wir nur vermuten. Aber blickt man auf die Aktivitäten der rechten Szene, gerade in jüngster Zeit, sieht man, dass die Ablehnung von Queerness zu einem zunehmenden großen Thema wird. In diesem Sommer gab es immer wieder Angriffe oder versuchte Angriffe von Rechtsextremen und Neonazis, etwa auf Christopher Street Day Veranstaltungen, vor allem in Ostdeutschland. Aber noch mal zu dem ersten Aspekt dessen, was Juliane Lang da gerade gesagt hat. Also einerseits gibt es ein Bedürfnis nach Diversität, andererseits eine Beunruhigung eigentlich durch genau diese. Ja, und das hat etwas mit der Krise der Männlichkeit zu tun, sagt Juliane Lang. Da, wo Geschlechterrolllen und die traditionelle Männlichkeit am stärksten hinterfragt wird, dort taucht der ruf nach einer starken traditionellen Männlichkeit wieder auf. Wir haben es in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit geschlechterpolitischen Liberalisierung zu tun, in einem Tempo, wie wir es so die letzten Jahrzehnte, die letzten Jahrhunderte tatsächlich nicht kannten. Das trägt dazu bei, dass traditionelle Geschlechterrollen nicht mehr ein als alleinige Option für junge Menschen zur Verfügung stehen, dass, ich sag mal, der Dschungel der Geschlechter mehr Optionen zur Verfügung stellt. Das, was traditionelle, sehr starre, vorgegebene Geschlechterrollen aber auch immer an Vorteil in Anführungsstrichen für junge Menschen hatten, dass sie eine Orientierung gegeben haben. Und die Frage ist, woran orientieren sich junge Männer heute, wenn eben nicht mehr von vornherein klar ist, was ist denn eigentlich ein Mann, was wird als männlich anerkannt, aber nach wie vor klar ist, dass Männlichkeit und auch die Performance von Männlichkeit ein klares Prinzip ist, um Anerkennung in Gesellschaften zu bekommen. Und nach nichts anderem suchen junge Männer und Frauen und suchen Menschen unabhängig von Geschlecht und unabhängig von Alter in der Gesellschaft. Und da macht die extreme Rechte mit Sternen, vermeintlich klaren Vorgaben, wie ein Mann zu sein hat, natürlich erstmal ein Angebot. Also ich habe verstanden, gerade dann, wenn traditionelle etablierte Männlichkeit hinterfragt wird und zur Disposition steht, wenn es eine Krise des traditionellen Mannes gibt sozusagen, kann einerseits etwas aufbrechen und andere Rollen können sich etablieren, aber gleichzeitig kann das andererseits zur Verunsicherung führen. Genau. Super komplex eigentlich. Super komplex. Das ist noch mal eine interessante Zeit, in der sich das gerade auch abspielt. Denn das, was gerade passiert, passiert zu einem Zeitpunkt, da die politischen Einstellungen zwischen jungen Männern und jungen Frauen auseinandergehen wie eigentlich noch nie, seitdem das gemessen wird. Und das nicht nur bezogen auf die Frage, wer wählt was bei einer Europawahl oder bei der Landtagswahl. Es zeigt sich darüber hinaus auch ein sogenannter politischer Gender Gap, wie das Phänomen auch in der politischen Soziologie genannt wird. Also dass da die Einstellungen tatsächlich auch auseinandergehen. Eine Studie von Ansgar Hude von der Universität Köln ist dazu im Sommer 2023 erschienen und hat das auch noch mal über einen längeren Zeitraum, also über einen Zeitraum von 70 Jahren hinweg untersucht. Ja, erzähl mal mehr davon. Also bis 1980 wählten junge Frauen bei der Bundestagswahl noch konservativer als gleichaltrige Männer. Dann kam es nach 1980 zu einer Angleichung. Dass junge Frauen aber linker wählen als junge Männer, wurde dann erst so richtig 2017 bei der Bundestagswahl deutlich. Und Diese Kluft wurde dann bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 noch mal größer. Und auch bei den Einstellungen scheint bei Jüngeren etwas in Bewegung zu kommen. Während junge Frauen in den vergangenen Jahren zunehmend liberalere Positionen, also gesellschaftspolitisch liberalere Positionen einnehmen, tendieren junge Männer in Deutschland weiterhin zu eher konservativen Ansichten. Gründe für die Veränderung könnten laut Hudde von der Universität Potsdam in einer abnehmenden Religiosität bei Jungfrauen liegen oder auch in einer zunehmenden Erwerbstätigkeit bei Frauen. Also es arbeiten ja immer mehr Frauen, aber in Führungspositionen oder an der Spitze von Unternehmen, da sind es doch nach wie vor einfach sehr häufig Männer. Ja, aber Frauen holen insgesamt auf. Also in der Bildung haben junge Frauen in vielen Bereichen ihre männlichen Altersgenossen überho seit mehr als 40 Jahren machen mehr junge Frauen als Männerabitur und erhalten auch über alle Fächer hinweg im Durchschnitt bessere Noten. Und das ist jetzt ein Problem für Männer, weil sie sich in ihrer jahrhundertealtten Vorherrschaft bedroht sehen. Ja, man kann das jetzt natürlich Männern zum Vorwurf machen, aber. Also ist es so trivial? Naja, also ich würde schon versuchen zu verstehen, warum etwas so ist. Und ich denke, Männer können sich in dieser aktuellen Entwicklung durchaus als Verlierer von gesellschaftlichen Entwicklung sehen. Das ist jetzt erstmal völlig wertfrei betrachtet. Also während Frauen aufsteigen, sehen sich gleichzeitig junge Männer, insbesondere solche ohne akademischen Hintergrund, zunehmend mit größeren Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt konfrontiert. Traditionelle sogenannte Männerberufe in Industrie und Handwerk verlieren an Bedeutung, während der Dienstleistungssektor, bei dem Frauen stärker vertreten sind, wächst. Es liegt nahe, dass gerade diese sozialen Verschiebung, die ich gerade beschrieben habe, der tatsächlich erlebte oder der zumindest drohende Statusverlust bei jungen Männern doch Verunsicherungen bestärken kann. Also man kann sagen, die Krise der Männlichkeit hat nicht nur etwas mit Geschlechterrollen zu tun, sondern die Krise der Männlichkeit findet auch dort statt, wo soziale Fragen neu verhandelt werden. Genau. Die Krise der Männlichkeit ist ja nun eine, die sich über Jahrzehnte entwickelt hat, auch wenn sie in jüngster Zeit noch mal deutlich an Relevanz zugenommen hat. Und wenn ich jetzt an andere spezifische Gründe denke, die junge Erwachsene und Jugendliche, ob jetzt männlich oder weiblich, in den letzten Jahren stark beschäftigt haben, dann müssen wir ja unweigerlich über eine andere Krise reden. Die Corona Pandemie. Und von ihr waren ja gerade Jugendliche stark betroffen. Inwiefern könnte die auch als Grund für das Erstarken der Rechten relevant sein? In der Tat hat die AfD ja relativ schnell versucht, sich zur Stimme derjenigen zu machen, die die Corona Maßnahmen kritisch sehen. Damit hatte die AfD im politischen Spektrum lange in Alleinstellungsmerkmal. Dennoch ist es eher fraglich, ob eine Ablehnung der Corona Maßnahmen unmittelbar dazu führt, dass man jetzt afd Wählerin oder afd Wähler wird. Allerdings könnte hier doch ein Zusammenhang bestehen, weil Krisenzeiten grundsätzlichen Nährboden für Rechtsextremismus sind. Aber das gilt ja vermutlich nicht nur für Jugendliche. Ja, aber Corona, du hast es gerade auch schon angedeutet, scheint ja gerade für Jugendliche und junge Erwachsene doch einen stärkeren Einfluss gehabt zu haben als für andere Altersgruppen. Das deutet sich zumindest an. Wenn wir uns Studien zum Thema Einsamkeit angucken. Laut dem aktuellen Einsamkeitsbarometer der Bundesregierung stieg während der Pandemie die Einsamkeitsbelastung vor allem für die Altersgruppe 18 bis Jährige. Während die Belastung etwa bei Älteren zwar auch während der Pandemie angestiegen ist, haben sich diese Belastungen bei den Älteren wieder auf das Niveau von vor der Pandemiezeit eingepegelt. Man kann sagen, Ältere haben das Problem der Einsamkeit wieder den Griff bekommen und da ihre Einsamkeit zumindest wieder auf das Niveau der Zeit vor der Pandemie bekommen. Bei Jüngeren ist es anders, die sind heute immer noch einsamer als vor der Pandemie. Und inwiefern gibt es hier jetzt den Zusammenhang zum Thema Rechtsextremismus? Ich habe dazu mit dem Soziologen Willillm he ##it gesprochen. Der beschäftigt sich seit vielen Jahrzehnten mit Rechtsextremismus, mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, wie er es nennt, wo es nochmal über Rechtsextremismus hinausgeht, auch mit Gewalt und hat all diese Themen auch schon in Bezug auf Jugendliche erforscht. Ich habe ihn gefragt, erstmal Grundsätz, was versteht man eigentlich unter einer Krise? Ich arbeite mit zwei Kriterien. Das eine Kriterium ist, dass die politischen oder ökonomischen Mechamen und die politischen Instrumente nicht mehr funktionieren. Und das zweite Element, das ist ganz entscheidend für die Kontrollverluste, dass nämlich die Zustände vor den Krisen nicht wiederherstellbar sind. Dass man den Eindruck hat, man verliert seine Selbstwirksamkeit und darauf ist man ja angewiesen, sonst wird man ja handlungsum unfähig. Also ein bisschen sortieren wir mal die Begriffe. Kontrollverlust beschreibt das Gefühl, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren. Das kann ganz verschiedene Gründe haben, gesellschaftliche Ursachen, aber auch persönliche Bindungen zu Freunden, Familie. Es kann ein Gefühl der Abkopplung von Bindungen entstehen, was wiederum dann Unsicherheiten und Ängste hervorrufen kann. Eng damit verbunden, also mit den Kontrollverlusten, ist die mangelnde Selbstwirksamkeit. Das beschreibt das Gefühl, nicht mehr durch eigenes Handeln Veränderungen herbeiführen zu können. Die Folgen können dann Frustration, Resignation oder Ohnmacht sein. Und das begünstigt wiederum rechtsextremes und autoritäres Denken. Ja, also Ohnmacht ist ein ganz großes Thema. Bereits in den Studien zum autoritären Charakter von Adorno haben wir vorhin schon mal kurz darüber gesprochen. Und nach diesen Studien ist es so, dass Ohnmacht ein Nährboden für Ressentiments und man könnte auch sagen Feindbilder sein kann. Krisen, ein anderer Begriff und hier auch sowohl gesellschaftliche als auch persönliche Krisen können mangelnde Selbstwirksamkeit oder das Gefühl des Kontrollverlustes auslösen oder sogar verstärken. Und während Corona hatten wir wohl alle mal ein solches Gefühl so von Kontrollverlust. Ja, wir können davon ausgehen, dass Krisen, Kontrollverluste, mangelnde Selbstwirksamkeit während der Corona Pandemie für junge Erwachsene stärker ausgeprägt waren als sonst. Davon geht auch Wilhelm Heidmeyeier aus. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz entscheidender Punkt, dass für Teile der jungen Generation die Jugend ausgefallen ist. Und Jugend kann man nicht nachholen. Man kann alle möglichen versäumten Dinge nachholen, aber die Jugendzeit als ganz eigenständig auch prägende Kraft kann man überhaupt nicht nachholen. Und das ist aus meiner Sicht Kern dieser Kontrollverluste. Denn gerade in der Jugendphase muss man sich ja orientieren. Man muss seinen Platz in der Gesellschaft, in unserer Gesellschaft natürlich auch erkämpfen. Wichtige Lebensereignisse wie Schulabschlüsse, Beginn eines Studiums mussten viele Jugendliche unter sehr erschwerten Bedingungen bewältigen. Gerade Jüngere hatten hier während der Pandemie das Gefühl, ausgeliefert zu sein und die eigene Situation kaum oder gar nicht mehr beeinflussen zu können. Jetzt gab es in den letzten Jahren nicht nur die Corona Pandemie, sondern auch viele andere schwierige Situationen und Krisen und damit möglicherweise auch Anlässe für Kontrollverluste. Da haben wir ein großes Stichwort hier, der Klimawandel. Was steht denn in den Studien dazu? Laut der Sinus Jugugendstudie, die im Juni erschienen ist, nennen 14 bis Jährige am häufigsten die Themen Klimawandel, Ausgrenzung, Rassismus, Diskriminierung, Inflation sowie Krieg, wenn sie nach den Krisen befragt werden. Und auch die Jugendtrendstudie, diese andere Studie, über die wir am Anfang viel gesprochen haben, hat die größten Sorgen bei Jugendlichen abgefragt und kommt zu dem Ergebnis, dass die am häufigst genannten Themen Inflation, Krieg, teurer bzw. Knapper Wohnraum, die Spaltung der Gesellschaft, Klimawandel oder auch das Erstarken rechtsextremer Parteien ist. Okay, und wenn wir uns jetzt einen Begriff von der AfD nehmen, die Migration als Thema, das ist hier gar nicht auf den ersten Plätzen. Ja, es wird aber schon genannt. So wurde nämlich auch die Sorge um die Zunahme von Flüchtlingsströmen bei der Jugend Trennstudie abgefragt. Das war zwar nur die zehntgrösste Sorge, aber innerhalb von zwei Jahren hat sich die Zahl derer, die diese Sorge teilen, verdoppelt. Keine andere Sorge, die da abgefragt wird, hat in dieser Weise zugenommen. Und hier liegt die Jugend, kann man sagen, im Trend der Gesamtbevölkerung. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sagten 2021 ungefähr 1/3 der Gesellschaft, sechs und dreiig % Deutschland können nicht mehr Flüchtlinge aufnehmen, weil es an seiner Belastungsgrenze sei. Also 1/3 waren es vor drei Jahren und jetzt sind es 60 %, die dieser Auffassung sind. Also es hat sich in der ganzen Gesellschaft bei diesem Thema stark was bewegt und wenn man so will, nach rechts verschoben. Und das ist ja eine häufig gehörte Begründung von rechtsextremen Politikern und Aktivisten, es gbe mehr Ausländer und das sei das große Problem. Und deshalb würde die AfD nun davon profitieren, weil sie eben seit Jahren diese migrationsfeindlichen Positionen vertritt. Tatsächlich leben in Deutschland mehr nicht Deutsche als früher, also von 1000 neunndert 90. Bis Mitte der er lag der Ausländeranteil der Gesamtbevölkerung relativ stabil bei ungefähr 8. %. Seit 2014 steigt dieser Anteil kontinuierlich an und liegt inzwischen bei bei 14,6. %. Noch viel höher sind die Zahlen, wenn wir auf deutsche mit sogenannten Migrationshintergrund schauen. Unter Jugendlichen in Deutschland sind das inzwischen dreiig. %. Das mag einige verunsichern und davon wird die AfD sicher auch profitieren. Es gelang der AfD und auch AfD nahe Medien und Organisationen aber auch seit 2015 immer wieder dieses Thema, das Thema Migration Geflüchtete medial zu pushen und damit auch Ressentiments gegen Geflüchtete und Menschen mit Migrationsgeschichte zu bef warum können denn Einstellungen und Vorurteile gegen Geflüchtete und Migrantinnen und Migranten gerade jetzt gut verfangen? Es könnte mit knapper werdenden Ressourcen zu tun haben. Gerade der Wohnungsmangel in größeren Städten, aber längst nicht nur dort und immer weiter steigende Mieten sind gerade für Jüngere, die gerade von zu Hause ausziehen, ein ganz konkretes und ganz alltägliches und ein ganz großes Problem. Das Problem knapper werdende Ressourcen kann politisch natürlich auch instrumentalisiert werden, eben von res wer keine Wohnung findet, weil die Mieten immer weiter steigen oder staatlicher Wohnungsbau übrigens anders als angekündigt weitgehend ausbleibt und gleichzeitig aber sieht, dass immer mehr Menschen im Land leben, die teils auch als Neuankömmlinge, auch als solche sichtbar sind, der könnte einen Zusammenhang zwischen beiden Entwicklungen für plausibel halten. Also geht es vermeintlich um Verteilungskämpfe, einfach weil die Konkurrenz größer ist. Und das nutzt die AfD dann als Argument? Genau. Rechtsextreme Kräfte verschränken hier die gesellschaftliche Auseinandersetzung und Mition mit Sozialpolitik. Also koppeln beide Themen aneinander. Und gerade die AfD deutet sozioökonomische Fragen immer zu einem Problem nationaler Identität um. Also damit stößt sie inzwischen auch bei einem größeren Teil der Jugend offensichtlich auf Resonanz. Das dürfte aber weniger mit den steigenden Migrationsanteil an sich zu tun haben, sondern mehr mit dem gleichzeitig auftretenden Verteilungskämpfen. Der afd Politiker Björn Höcke, den wir ganz am Anfang mal gehört haben, der meinte vor ein paar Jahren mal, dass die neue deutsche soziale Frage nicht mehr die zwischen oben und unten ist, also zwischen arm und reich, sondern zwischen innen und außen. Und genau das sehen wir eben auch bei diesem Thema. Ja, dieser Mechanismus, das Soziale mit Migration zu koppeln, das war in den vergangenen Jahren häufiges Thema, wenn es um Abstiegsängste ging. Und dabei ging es aber vor allem um Abstiegsängste bei denjenigen, die auch etwas zu verlieren haben, oder? Also das trifft auf Jugendliche und junge Erwachsene doch eher nicht zu. Ja, es sei denn, sie haben sehr wohlhabende Eltern, dann haben sie vielleicht schon direkt Abstiegsängste. Aber ja, diese AB Abstiegsgesellschaft, von der der Soziologe Oliver Nachtwi vor ein paar Jahren geschrieben hat, betraf die ganze Gesellschaft, aber in erster Linie jene, die in der Tat sich sorgen, etwas zu verlieren, weil sie auch etwas zu verlieren haben. Bezogen auf die jungen Erwachsenen ist in diesem Zusammenhang seit langem auch von der Deprivationsthese die Rede. Was bedeutet das? Deprivation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Beraubung. Sozialwissenschaftler sprechen von Deprivation als Form eines Mangels oder einer Entbehrung, die Abwertungen anderer Gruppen begünstigen können. Konkret also besagt die Depriv Abstiegsängste begünstigen antidemokratische, autoritäre, rechtsextreme Einstellungen. Aber nochmal, gerade Jugendliche und junge Erwachsene, die haben doch oft gar nicht so viel zu verlieren. Und sie sind doch gerade erst dabei, sich etwas zu erarbeiten. Hängt das damit zusammen? Mein Kollege Nils Schniedderja vom Deutschlandfunk und ich nennen das in einem Esay, den wir zu dem Thema für die Blätter für deutsche und internationale Politik geschrieben haben, eine Verlustangst zweiter Ordnung. Dabei geht es nicht um die Angst, um die unmittelbare Angst vor Abstieg, sondern um die Angst, eine versprochene Zukunft zu verlieren. Also die einen sorgen sich um ihren Platz in der Gesellschaft, die anderen müssen diesen aber erst noch erkämpfen. Und wir leben nun mal in einem Gesellschafts und Wirtschaftssystem, das auf Konkurrenz beruht. Wird der Konkurrenzkampf härter, ist es kein Wunder, wenn sich immer mehr Jugendliche für die anstehenden Verteilungskämpfe rüsten und die Ellbogen ausfahren. Und wie wir schon gehört haben, spricht das ja eben eher junge Männer an als junge Frauen. Und die AfD ist ja gleichzeitig auch in den ostdeutschen Bundesländern stärker als in den westdeutschen, auch unter jungen Erwachsenen. Und die fühlen sich ja im Osten Deutschlands abgehängt. Viele dieser Prozesse, über die wir heute gesprochen haben, finden sich besonders ausgeprägt in den ostdeutschen Bundesländern, etwa die Gender Dimens. In den ostdeutschen Bundesländern wandern überproportional häufig junge Frauen ab. Das gilt weniger für Städte wie Leipzig, aber für ländliche Gebiete, Kleinstädte oder mittelgroße Städte. Vor allem ist das in strukturschwachen Regionen der Fall. Die im Schnitt besser ausgebildeten Frauen wandern für Studium oder Lehre ab. Und in den demografisch ohnehin stark belasteten, überalterten Regionen im Osten bleiben dann zurück eben die jungen Männer. Sie sind weniger mobil, schlechter ausgebildet und auch stärker vom Strukturwandel und schlechteren Arbeitsbedingungen betroffen. Und dann, insofern sie heterosexuell sind, haben sie auch nicht gerade günstige Bedingungen, eine Partnerin zu finden und eine Familie zu gründen. Genau. Der Präsident des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marl Fratssche, hat dazu kürzlich in seiner Kolumne für Zeit online geschrieben, dass vor dem Hintergrund all der genannten Aspekte es wenig überraschend sei, dass Forderungen nach Grenzschließungen, einem Stopp der Zuwanderung, Abstattung von Europa vor allem bei Männern in strukturschwachen Regionen gut ankommtre. Wir haben jetzt aber bisher wenig über Ostdeutschland gesprochen. Ja, das wäre noch mal ein ganz eigenes Thema. So wie wir heute über die Jugend sprechen, könnten wir auch mal über den Zusammenhang von Rechtsextremismus in Ostdeutschland sprechen. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass die AfD zwar im Osten stärker ist als im Westen, es aber fatal wäre, die AfD in erster Linie als eine Ostpartei zu begreifen. Also das ist eine Relation, die wir vorhin auch schon mal bei den Jugendlichen hatten. Und das ist hier aber auch wichtig. Bei den Europawahlen leben ##ten 2/3 der afd Wähler im Westen, nur 1/3 im Osten. Was natürlich daran liegt, dass im Osten deutlich weniger Menschen leben. Die fünf ostdeutschen Bundesländer, Berlin jetzt mal ausgenommen, haben nicht einmal zusammen so viele Einwohner wie das Bundesland Nordrhein Westfalen. Also genauso wenig wie die AfD jetzt ein reines Jugendphänomen ist oder ein Arbeiterphänomen, auch ein Aspekt, der oft betont wird, genauso wenig ist die AfD ein Ostproblem. Und jetzt macht besonders Friedrich Merz ja die Politik der Ampelkoalition auch gern mal für Zuwächse bei der AfD verantwortlich. Verfängt das auch bei jungen Menschen? Ich würde sagen, da ist schon etwas dran, was Friedrich Merz da sagt. Kommen wir da jetzt noch mal auf die Jugend Trendstudie zurück. Wir haben jetzt ja viel darüber gesprochen, warum die AfD in der Guünst der Jugendlichen und bei jungen Erwachsenen zulegen konnte. Interessant ist aber auch eine Entwicklung, die es auch gleichzeitig gibt, nämlich die wenn wir darauf schauen, welche Parteien haben eigentlich verloren oder stark verloren? Noch vor zwei Jahren waren in der Jugend Trendstudie die Grünen mit 27 Prozen ganz, ganz vorne, gefolgt von der FDP mit 19 %. Also diese beiden Parteien haben zusammengenommen fast die Hälfte der Zustimmung bekommen. Die Grünen sackten dann jetzt innerhalb von zwei Jahren ab von 27 Prozentpunkten auf 18. Bei der FDP ging es sogar runter von 19 auf acht Prozentpunkte. Floris Biskamp von der Universität Tübingen, haben wir vorhin schon mal gehört, sieht hier jeweils unterschiedliche Effekte in Bezug auf die AfD. Bei den Grünen ist es so, die waren besonders stark bei jungen Leuten. Das haben wir auch gesehen dann bei der Europawahl davor, also 2019 in der Folge von Fridays for Future, in der Hochzeit von Fridays for Future, waren sehr viele junge Leute darauf aus, eine aktive Klimapolitik, die angemessen auf den Klimawandel reagiert zu haben und zu wählen. Und die haben ihre Hoffnung in Grünen gesetzt und sind in diesen Hoffnungen im Wesentlichen enttäuscht worden. Ich glaube aber nicht, dass sehr viele von diesen Menschen, die da nicht mehr grün wären, jetzt afd wählen. Das sehen wir auch bei den Ergebnissen der Europawahl, zwei Tand 24, dass dann viele Leute sind bei V oder bei kleineren linken ökologischen Parteien gelandet. Aber woher kommen denn dann die Stimmenzuwächse der AfD? Ja, also von den Grünen erstmal unmittelbar nicht. Floris Biskamp hat es ja gerade beschrieben, dass es hier eher eine Umgruppierung in dem eher linkeren Lager vermutlich gab, hin zu kleineren Parteien. Aber etwas andere, anders sieht er die Entwicklung bei der FDP. Das ist ja ein Lager, also auch wenn die FDP jetzt nicht deckungsgleich mit der AfD ist, aber was wir eher als rechts der Mitte einordnen können in der Gesellschaft. Bei der FDP ist die Lage dann etwas anders. Bei der FDP halte ich es für relativ plausibel, dass einige junge Männer, die 2021 die FDP gewählt haben, zur AfD gewechselt sind. Und das halte ich deswegen für sehr viel plausibler, weil das Profil der FDP Wähler und das Profil der afd Wähler ein relativ ähnliches ist. Und ich habe jetzt halb bewusst schon die männliche Formulierung gewählt, weil es geht aber jeweils sehr stark um junge Männer. Es war so, dass 2021 viele junge Männer FDP gewählt haben und heute wählen viele junge Männer AfD. Und ich halte es für relativ plausibel, dass das mitunter auch dieselben jungen Männer sind. Okay, aber das sind Überlegungen, die wahrscheinlich auch wieder für alle Altersklassen ge gel. Ja, also von jung bis alt ist die Enttäuschung über die Ampel regierung sicherlich ein wichtiger Punkt, aber wahrscheinlich noch mal ein Punkt, der gerade bei jungen Menschen noch mal stärker zur Geltung kommt, wo die Enttäuschung über die Ampelregierung vielleicht noch mal größer ist. Denn man muss sich das noch mal vergegenwärtigen, die Ampel Regierung ist ja als sogenannte Fortschrittskoalition gestartet und kurzzeitig keimte Hoffnung auf, die einzelnen Teile der Gesellschaft könnten wirklich jetzt ein Ganzes ergeben. Die Grünen kümmern sich um das Klima, die Sozialdemokraten um sozialen Ausgleich und Die FDP holt auch die Wirtschaft oder die Wirtschaftsunternehmen mit ins Boot. Gemeinsam sollten dann diese drei Parteien Fortschritt, Wohlstand und die Rettung des Klimas vereinigen. Der teilweise richtig zur Schau getragene neue Zukunftsoptimismus der Ampelkoalition ist relativ schnell wieder abgeflacht. Man kann auch sagen, blieb ohne Substanzen. Ja und da sind wir dann wieder bei Kontrollverlust und mangelnder Selbstwirksamkeit. Und bei den Krisen eigentlich genau genau diese Begriffe, die Wilhelm Heidmeier vorhin auch schon mal genannt hat. Und er hat auch genau das jetzt in diesem Zusammenhan hier nochmal auf den Punkt gebracht. Die Attraktivität des Autoritären ist international verbreitet. Und das hat damit zu tun, dass es in westlichen Gesellschaften auch nicht mehr gelingt, eine Art von Zuversicht in die Zukunft hinein vorusschreiben. Dann bleibt an vielen Stellen dann der Kampf um die Identität übrig. Und da ist die AfD natürlich vorneweg, weil sie völlig rabiate und skrupellose Themen anbietet, die dann wiederum Sicherheit versprechen. Das schon ein bisschen düster jetzt so als Abschluss. Was kann man denn tun? Gibt es da auch schon Erkenntnisse? Also so verschieden die Gründe und Erklärungsansätze für das Erstarken des Rechtsextremismus bei jungen Erwachsenen sind, so unterschiedlich sind auch die politischen Schlussfolgerungen, die natürlich daraus gezogen werden können. Also sicher ist es aus Sicht der anderen Parteien hilfreich, bei TikTok aktiver zu sein und möglicherweise auch sich in dem Zusammenhang für eine Regulation und eine demokratische Kontrolle des Algorithmus ein einzusetzen. Und sicherlich werden auch Politiker anderer Parteien gut beraten, sich stärker mit den Belangen und auch den Bedürfnissen und auch spezifischen Problemen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärker zu befassen. All das könnten politische Schlussfolgerungen sein und bestimmt auch noch viel mehr. Was ist denn das, was du aus der Auseinandersetzung mit dem Thema mitnimmst? Ja, das ist erst mal ein relativ grundsätzlicher Gedanke. Ich denke, es hilft nichts, sich rechtsextreme Einstellungen oder auch rechtsextremes Wahlverhalten als ein Phänomen vorzustellen, das irgendwo von außen kommt, also von den sogenannten Rändern der Gesellschaft, von irgendwelchen schwer durchschaubaren Social Media Plattformen, Algorithmen aus der Tiefe des Ostens, aus der DDR, sonst was. Sondern der erste Schritt für eine richtige Analyse, aus der dann sinnvolle Handlungsperspektiven abgeleitet werden können, ist es aus meiner Sicht, Rechtsextremismus als etwas zu begreifen, das von innen kommt, also gewissermaßen aus der Mitte der Gesellschaft. Kommt aus dem Zentrum unseres politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systems. Also um das nochmal klar zu aus meiner Sicht ist das Erstarken des Rechtsextremismus ein Produkt dieser Gesellschaft, also der Gesellschaft, in der wir hier leben. Und es ist in diesem Zusammenhang auch noch mal wichtig, sich zu vergegenwärtigen, was wir vorhin über Deprivation, über Unsicherheit, über Strukturschwäche und so weiter gesprochen haben und dass das offenbar rechtsextreme Parteien begünstigen kann. Und vor diesem Hintergrund müssen wir uns nicht zuletzt fragen, was wir eigentlich tun können, um Wirtschaftskrisen, um Ungleichheit, um Konkurrenzkämpfe zu mindern und so etwas wie Kooperation oder Solidarität in den Mittelpunkt von Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu stellen. Es bräuchte also letztlich auch so etwas wie eine positive, aber auch realistische Zukunftsperspektive, die zeigt, dass es sich zu kämpfen oder zu streiten lohnt für eine Gesellschaft, die anders ist. Also für eine Gesellschaft, in der es den allermeisten Menschen materiell wie mental besser geht als heute. Ein sehr gutes Schlusswort, Sebastian Friedrich. Schön, dass du da warst und von deiner Recherche erzählt hast. Vielen Dank. Ja, gerne. Danke. Danke auch an das Team hinter den Kulissen. Sabine Korpmann, Melanie Stinn und Christoph van der Werf. Wir wollen eure Meinung hören. Wie hat euch die Folge gefallen? Was habt ihr gelernt und mitgenommen und was hat euch gefehlt? Schreibt uns eine Mail an synapsen n de. Schön, dass ihr wieder zugehört habt. Ich freue mich, wenn wenn ihr in zwei Wochen wieder dabei seid. Wie immer ab Freitag. Mein Name ist Mayja Bachtjarrevic. Tschüss. Synapsen ein Wissenschaftspodcast von NDR Info.